Śrī Gurus Eigentum schützen

Eines Tages beob­ach­tete Śrīla Guru­deva zwei brah­macārīs, die sich im Tem­pelhof stritten. Sie nahmen Bam­bus­stöcke und prü­gelten sich so heftig, dass beide blu­teten. Guru­deva dachte sich: „Sind das Gott­ge­weihte oder Tiere?“ Wäh­rend­dessen saß Ācārya Kesarī in Blick­weite vor seinem Zimmer, aber er chan­tete ruhig, ohne ein­zu­greifen. Guru­deva wandte sich respekt­voll an Ācārya Kesarī: „Guru Mahārāja, warum weist du sie nicht zurecht?“

Das ist nicht meine Auf­gabe“, ant­wor­tete Ācārya Kesarī. „Würden sie mir folgen, wären sie demütig. Sie benehmen sich wie Tiere. Warum soll ich mich um sie sorgen? Ich bin hier, um Guru und Gau­rāṅga zu dienen. Ich werde jedem helfen, der mit dem Wunsch hier­her­kommt, zu dienen, auch wenn er nicht von gutem Cha­rakter ist.  Aber wer sich nur um Sin­nen­be­frie­di­gung streitet, soll lieber gehen.“

Kurze Zeit später endete die Aus­ein­an­der­set­zung und beide brah­macārīs kamen zu Ācārya Kesarī, um sich zu recht­fer­tigen. Jeder gab dem anderen die Schuld.

Ihr könnt zur Polizei gehen und euren Streit dort bei­legen“, sagte Ācārya Kesarī, „hier ist kein Platz für sol­chen Unsinn. Wenn ihr bha­jana prak­ti­zieren wollt, helfe ich euch, anson­sten könnt ihr gleich die Maṭha verlassen.“

Ācārya Kesarī war eine strikte Auto­rität und dul­dete nichts bhakti-Abträg­li­ches. Er war in einer Familie groß­ge­worden, die viel Land besaß und ver­pach­tete. Etliche Dörfer zahlten Pacht an seine Familie. Als junger Mann musste er oft mit unge­ho­belten Päch­tern und schwie­rigen Situa­tionen umgehen. Später in Māy­ā­pura lei­tete er mit großem Geschick die Gauḍīya Maṭhas. Er war von ern­stem Wesen und ergriff bei Strei­tig­keiten zwi­schen Tem­pel­be­wohner nie­mals Partei. Sobald jemand jedoch in irgend­einer Form den Tempel angriff, wurde er wie ein Löwe und beschützte Gottes Eigentum. Aus diesem Grund nannten ihn seine Gott­brüder Ācārya Kesarī, den löwen­glei­chen Ācārya.

Auf dem Grund­stück der Devān­anda Gauḍīya Maṭha gab es ein großes Feld, auf dem die Gott­ge­weihten Gemüse anbauten. In jenen Tagen hatte Ācārya Kesarī nicht genü­gend Geld für einen Zaun. Zum Schutz grenzten die brah­macārīs das Feld mit Dor­nen­sträu­chern ein, aber trotzdem kamen Büffel und andere Tiere auf das Gelände und zer­störten die Pflanzen.

Einige Hirten ließen ihre Herde absicht­lich auf das Feld. Guru­deva und die brah­macārīs ver­suchten immer wieder, das Land zu beschützen, aber die Männer kamen spät in der Nacht, wenn alle schliefen, und ließen ihre Tiere dort weiden.

Um die Mis­se­täter zu stoppen, blieb Śrīla Guru­deva eines Nachts wach. Die Hirten kamen um Mit­ter­nacht. Sie waren betrunken und rauf­lu­stig. Zu ihrer Über­ra­schung begann Guru­deva, mit einer großen Knute die Büffel zurück­zu­treiben. Ver­blüfft brüllten die Hirten: „Warum treibst du unsere Herde davon?“

Warum zer­stört ihr unseren Tem­pel­garten?“ rief Guru­deva zurück. „Ich werde sol­ches Unrecht nicht dulden!“ Unver­froren gingen die Hirten auf Guru­deva los. Guru­deva aber ließ sich nicht ein­schüch­tern, son­dern wehrte sich mit seiner Knute. Ein wildes Durch­ein­ander folgte, in dem die Betrun­kenen ein­ander zuschrien und schließ­lich zurück­wi­chen. Sie liefen in ihr Dorf zurück und wie­gelten ihre Nach­barn auf, ihnen zu helfen. Bald darauf umstellte ein wütender Mob den Tem­pelhof. Inzwi­schen war auch die Polizei zugegen und der Tumult weckte Ācārya Kesarī. Nachdem er eine kurze Zusam­men­fas­sung gehört hatte, sagte er zu Guru­deva: „Geh hinein. Ich werde mit der Polizei sprechen.“

Ācārya Kesarī wandte sich an den lei­tenden Poli­zi­sten, der ver­langte: „Wir sind hier, um den Mann fest­zu­nehmen, der die Hirten geschlagen hat. Bitte hän­digen Sie ihn aus.“

Ācārya Kesarī bat die Poli­zi­sten auf das Tem­pel­grund­stück und bot ihnen einen Sitz an. Dann sagte er: „Bitte erklären Sie mir, wie ein Ein­zelner so viele Männer schlagen kann. Etliche dieser Leute kamen heute Nacht mit ihren Herden und haben unser Grund­stück ver­wü­stet. Sie kommen regel­mäßig hierher und erlauben ihrem Vieh, unser Gemüse zu fressen. Heute waren sie betrunken und griffen einen unserer brah­macārīs an, der sich ihnen ent­ge­gen­stellte. In dem Durch­ein­ander schlugen sie sich gegen­seitig, rannten weg und brüllten dabei wie die Irren.“

Wo ist der Mann, der sie auf­ge­halten hat?“ fragten die Poli­zi­sten. „Wir möchten ihn sofort sehen.“

Ver­hören Sie zuerst diese Büf­fel­hirten“, erwi­derte Ācārya Kesarī. „Fragen Sie sie, wie es mög­lich sein soll, dass ein Ein­zelner so viele Männer ver­prü­geln kann.“

Die Poli­zi­sten befragten die Hirten und stellten fest, dass sie sturz­be­trunken waren. Ange­wi­dert von ihrem Ver­halten herrschten sie sie an: „Wenn ihr noch einmal hier­her­kommt und diesen Tempel belä­stigt, werden wir euch fest­nehmen und mit Stock­schlägen bestrafen!“ Dann sagten sie zu Ācārya Kesarī: „Rufen sie uns, wenn diese Leute sie noch­mals stören sollten. Wir werden den Tempel sichern.“

In diesem Moment kam Guru­deva aus seinem Zimmer und stellte sich vor. Die Poli­zi­sten sagten darauf: „Oh! Sie sind doch Tiwa­rijī, der ange­se­hene Inspektor, der vor kurzem seinen Posten quit­tiert hat! Wir haben viel von ihnen gehört, aber hatten noch nie die Ehre, Sie per­sön­lich zu treffen.“ Sie freuten sich, den berühmten Nārāyaṇa Tiwari zu treffen und wech­selten einige freund­liche Worte mit ihm, bevor sie die Men­schen­menge auf­lö­sten und die Ord­nung wiederherstellten.

Ācārya Kesarī hatte nicht ein­ge­griffen, als die beiden brah­macārīs mit­ein­ander gekämpft hatten, aber er beschützte Śrīla Guru­deva. Die brah­macārīs hatten eigen­sinnig mit­ein­ander gestritten, Guru­deva dagegen war bemüht gewesen, den Tempel zu verteidigen.

Ācārya Kesarī unter­wies Śrīla Guru­deva: „Jemand, der gegen die Prin­zi­pien der Reli­gion han­delt, muss die Kon­se­quenzen daraus ziehen; aber du musst auch qua­li­fi­ziert sein, andere zu berich­tigen. Sofern du dich Gott ergibst, wirst du erfolg­reich sein, andern­falls kannst du die Prü­fung in schwie­rigen Umständen nicht bestehen. Als Rāvaṇa Sītā­devī stahl, sprang Hanumān über den Ozean und setzte Rāvaṇas Stadt Laṅkā in Brand. Das war wahre Demut. Gott­ge­weihte ordnen sich Hari, Guru und den Vaiṣṇavas unter und erdulden alle Anfech­tungen gegen sich selbst. Jedoch Dämonen gegen­über Nach­gie­big­keit zu zeigen, ist Zei­chen eines Feig­lings, nicht eines Gottgeweihten.“

Ācārya­deva endete: „Doch du musst dir keine Sorgen machen. Kṛṣṇa beschützt dich.“

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