Almosen sam­meln

Durch seine auf­op­fe­rungs­volle Hin­gabe zu Śrīla Bhak­ti­pra­j­ñāna Keśava Gos­vāmī Mahārāja gab Śrīla Guru­deva das Bei­spiel eines idealen Schü­lers, der nie an seinen eigenen Vor­teil dachte. Eines Tages sagte Ācārya Kesarī: „Ein brah­macārī im āśrama des Gurus muss Spenden für den Dienst Bha­ga­vāns sam­meln gehen. Gehe zu den Häu­sern der Haus­hälter und sprich zu ihnen über Kṛṣṇas Herr­lich­keit. Wie eine Biene, die Pollen von vielen Blumen zusam­men­trägt und zu ihrem Stock bringt, sollst du kleine Gaben in jedem Haus sam­meln und sie für Bha­ga­vāns Dienst in den āśrama bringen. Dadurch erlangen die Leute fromme Meriten, die sie auf ihrem spi­ri­tu­ellen Pfad vor­an­bringen. Viele werden nicht aus eigenem Antrieb in den Tempel kommen. Geh des­halb von Tür zu Tür und lade sie ein. Doch sei vor­sichtig, mit nie­mandem engere Bezie­hungen ein­zu­gehen. Ver­suche, jeden mit Gott zu ver­binden, aber sei inner­lich los­ge­löst. Sei neu­tral und nimm nichts für dich selber an, denn sonst wird māyā dich fangen.“

Guru­deva nahm freudig Ācārya Kes­arīs Anwei­sung ent­gegen und begann, jeden Tag demütig bei den Dorf­be­woh­nern Spenden zu erbitten, ohne Stolz auf seine Her­kunft als brāh­maṇa oder seinen frü­heren hohen Posten bei der Regie­rung. Er brachte alles, was er bekam, zu Ācārya Kesarī. Manchmal, wenn er von den Dorf­be­woh­nern nichts bekam, kam er mit wilden Wur­zeln und wildem Gemüse, trockenem Holz, Kuh­dung oder bloßer Erde für den Garten zurück. Er kam nie mit leeren Händen.

Śrīla Guru­deva ging meist mit einem älteren bābājī oder anderen brah­macārī Spenden sam­meln, denn er war gewarnt worden, dass ein ein­zelner sādhu jeder­zeit ein Opfer māyās werden kann. Eines Tages fuhr Guru­deva mit einigen brah­macārīs im Zug zu weiter ent­fernten Dör­fern. Von mor­gens bis abends, in Dorf nach Dorf, fragten sie nach Almosen, aber ohne Erfolg. Guru­deva machte sich Sorgen, dass sie mit leeren Händen zurück­kommen würden. Es war ein heißer Som­mertag und die sen­gende Hitze hatte die brah­macārīs dur­stig gemacht. Am späten Nach­mittag kam Guru­deva mit seiner Gruppe zu einem Brunnen, an dem die Leute ihre Eimer befüllten.

Eine Familie fragte sie: „Sie sehen hungrig aus. Können wir Ihnen etwas zu essen anbieten?“

Wir sind nicht hier­her­ge­kommen, um unseren Hunger zu stillen“, ant­wor­tete Guru­deva, „son­dern um unserem spi­ri­tu­ellen Mei­ster zu dienen. Wir bringen erst alles ihm und er weiht es Bha­gavān. Erst dann nehmen wir die Reste zu uns.“

Ein ehren­werter brāh­maṇa, der dane­ben­stand, sagte: „Wir haben gerade etwas zu unserer Bild­ge­stalt geop­fert. Bitte nehmen sie wenig­stens ein biss­chen mahā-prasāda zu sich.“

Eine keu­sche Frau isst nicht vor ihrem Ehe­mann“, erwi­derte Guru­deva, „und genauso wird ein anstän­diger Schüler zuerst alles seinem Guru bringen. Der Schüler, der etwas unab­hängig annimmt, gleicht einem Tier.“

Ver­wandte des brāh­maṇas, die Guru­deva näher betrachtet hatten, riefen plötz­lich: „Seht ihr nicht, wer der junge Mann ist? Das ist Nārāyaṇa Tiwari! Wir sind oft zu seinem Haus gegangen, um hari-kathā von seinem Vater und Groß­vater zu hören. Wir haben sie immer als unsere Gurus geehrt. Jetzt kommt Nārāyaṇa Tiwari in unser kleines Dorf betteln!“

Die brāh­maṇa-Familie lud Guru­deva in ihr Haus ein und bestand darauf, seine Füße zu waschen. Nach­barn und Freunde liefen zusammen und schauten neu­gierig zu, wie Guru­deva mit viel Respekt ver­ehrt wurde. Als Guru­deva und die brah­macārīs gingen, erhielten sie große Menge Reis, Stoffe und andere Spenden für den Tempel und wurden ein­ge­laden, monat­lich wiederzukommen.

Als sie spät in der Nacht im Tempel ein­trafen, wun­derte sich Ācārya Kesarī: „So viel habt ihr gebracht? Wie habt ihr all das erbet­teln können?“

Die brah­macārīs ant­wor­teten: „Wo immer Gaura Nārāyaṇa hin­kommt, wird er von den Leuten erkannt und ver­ehrt. In einem der Dörfer baten uns die Ein­wohner, jeden Monat zu kommen, um Spenden anzunehmen.“

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