Srīla Gurudeva verehrte die Bildgestalten Rādhā-Vinoda Bihārīs in der Kesavajī Gauḍīya Maṭha mit der spezifischen Stimmung seiner inneren Identität als Ihre vertraute Dienerin. Einmal, als Gurudeva die Bildgestalten ankleidete, verlor er sein äußeres Bewusstsein und war sich nur seiner Identität als Dienstmagd Śrī Ramaṇa Bihārīs bewusst. So absorbiert, salbte Śrīla Gurudeva Vinoda Bihārī auf solche Weise ein, dass Er statt Seiner hellen Tönung einen dunklen Farbton erhielt, und änderte Vinoda-Kuñja in Ramaṇa-Kuñja um. Einige konnten Gurudevas spirituell ekstatische Stimmung nicht begreifen und schrieben an Ācārya Kesarī: „Nārāyaṇa Mahārāja hat deinen Vinoda Bihārī in Śyāma Bihārī umgeändert. Er bildet sich ein, die höchste Autorität zu sein und handelt deinem Verständnis entgegen.“
Ācārya Kesarī sandte mit Absicht keine Antwort. Als er das nächste Mal nach Mathurā kam, gab er Vinoda Bihārī Sein ursprüngliches Aussehen wieder zurück, um die Gottgeweihten zufriedenzustellen. Er wies an: „Vinoda Bihārī wird in dieser Form hier präsent bleiben.“ Damit beruhigte er seine orthodoxen Anhänger.
Später sprach er mit Śrīla Gurudeva in seinem Zimmer unter vier Augen. Er sagte: „Führe deinen bhāva-sevā fort. Dieser Dienst ist ewig. Sei nicht enttäuscht, ich kenne dein Herz. Ich schätze mich glücklich, einen sevaka wie dich zu besitzen.“ Śrīla Gurudeva behielt weiter seine Stimmung ewigen Dienstes an Ramaṇa Bihārī Kṛṣṇa bei. Diejenigen glücklichen Seelen, die Zugang zu Gurudevas innerem Dienst erhalten, gehören zu seiner eigenen Gruppe von Śrī Śrī Rādhā-Kṛṣṇas Dienerinnen.
Obwohl es in einem Bienenstock Honig gibt, können die Arbeitsbienen ihn nicht genießen. Ein Fachmann dagegen, der die Methode kennt, Honig zu sammeln, kann seine Süße jederzeit kosten. Diejenigen, die ihre Gewichtung auf bhāva, spirituelle liebende Gefühle, legen und die durch die ständige Nähe zu einem echten rūpānugā-Guru wie Śrīla Gurudeva diesen ambrosischen rasa erlangt haben, sind vollkommen glücklich, wenn sie die Ekstase des Dienstes zum Göttlichen Paar Rādhā-Kṛṣṇa kosten. Sie fühlen sich nie von weltlichen Dingen oder gewöhnlichem Sinnesgenuss angezogen.
Prabhupāda Sarasvatī Ṭhākura manifestierte eine schwärzliche Bildgestalt Kṛṣṇas, und Ācārya Kesarī manifestierte eine helle Bildgestalt. Die ācāryas haben unterschiedliche transzendentale Dienste in den ewigen Spielen Rādhā-Kṛṣṇas und sie nehmen Rādhā-Kṛṣṇa mit einer spezifischen eigenen Stimmung wahr. Unter der Führung eines bestimmten Gurus hat der Dienst jeden Schülers eine individuelle Prägung. Dies sollte nicht kritisch betrachtet werden. Bhajana ist von Natur aus esoterisch. Wenn man einmal das Reich von bhāva betreten hat, gibt es keinen Grund für Befürchtungen mehr, bis dahin jedoch droht Gefahr auf Schritt und Tritt.
Śrīla Gurudeva unterwies: „Wer keine transzendentale Sicht hat, wird den unbedeutenden Objekten dieser Welt nachjagen. Solche Leute können sich mir weder nähern, noch suchen sie überhaupt meine Gemeinschaft. Sie können nie das transzendentale Glück Vrajas genießen. Diejenigen, die sich intensiv um Fortschritt im transzendentalen rasa bemühen, werden das Reich spiritueller Emotionen und die Ebene spiritueller Ekstase erreichen. Ihr Bewusstsein wird in immer neue, liebevolle Gefühle eingetaucht werden.“
Solange wir uns nicht bemühen, in diesen Bereich spiritueller Stimmungen einzudringen, erfahren wir keinen echten śrī-guru-darśana. Śrī Guru-Pādapadma ist nicht von dieser Welt. Obwohl er von einer Fülle materieller Objekte umgeben ist, bleibt er davon unberührt. Wenn ein spirituell Praktizierender auf der weltlichen Ebene verbleibt, wird Gurudeva nicht erfreut sein. „Obwohl sie äußerlich zu mir kommen, suchen sie nicht nach transzendentalem rasa“, sagte Gurudeva. „Solche Nachfolger sind nicht wirklich bei mir.“
Während der brāhma-muhūrta war Gurudeva stets in seinen transzendentalen inneren Dienst vertieft. Wenn sich ihm jemand in diesen frühen Morgenstunden näherte ‒ seine Füße berührte oder ihn mit Problemen und Gerede dieser Welt störte ‒ wurde er sehr ungehalten. Er tadelte: „Beschäftige mich nicht damit, weltliche Angelegenheiten zu richten. Das wird dir nicht helfen. Die Probleme dieser Welt können nie gelöst werden. In der transzendentalen Welt gibt es keine Probleme. Solange du glaubst: „Ich werde alle Probleme dieser Welt lösen und eine Atmosphäre des Friedens schaffen, und dann werde ich bhakti und bhajana praktizieren und Gott dienen“, fantasierst du. So etwas ist nicht möglich. Der einzige Zweck unseres Lebens besteht darin, jeden Moment in Richtung Kṛṣṇa fortzuschreiten.“
Manchmal kamen Leute zu ihm und fragten: „Sollen wir Garuḍa Purāṇa, Manu-Saṁhitā, Devī-Bhāgavata oder Śiva Purāṇa lesen?“
Śrīla Gurudeva antwortete: „Auf vielen verschiedenen Pfaden zu laufen, wird euch nur erschöpfen, aber nicht nach Hause führen. Der Weg nach Hause ist direkt. Auf Umwegen hierhin und dorthin zu wandern, ohne heimwärts voranzukommen, verursacht lediglich Schwierigkeiten. Frieden und Geborgenheit gibt es nur zu Hause. Bis ihr das ewige Reich Vṛndāvana-Dhāma erreicht, werdet ihr ermüden und fortgesetzt in dieser vergänglichen Welt leiden müssen. Das Śrīmad-Bhāgavatam beleuchtet den direkten Weg nach Vṛndāvana. Ihr müsst die Methode des Śrīmad-Bhāgavatams anwenden. Um dies zu tun, müsst ihr zuerst das Caitanya-Caritāmṛta verstehen und könnt dann dem Bhāgavata folgen. Dann wird euer Leben erfolgreich. Wenn ihr eine Beziehung zu einem bhagavata-rasika-Vaiṣṇava knüpft, wird er euch schnell nach Vṛndāvana bringen. Falls ihr euch jedoch vom bhakti-Pfad abwendet und in Richtung karma, jñāna, Ruhm oder Reichtum strebt, werdet ihr ein Leben nach dem anderen verlieren.“
Zu seiner Zeit galt Śrīla Jīva Gosvāmipāda als der Leiter der Gauḍīya-Vaiṣṇavas aller drei dhāmas ‒ Kṣetra-Maṇḍala, Gauḍa-Maṇḍala und Vraja-Maṇḍala. Eine Vielzahl von Gottgeweihten studierte unter seiner Anleitung die vertraulichen Grundsätze spontaner Hingabe. Śrīla Jīva Gosvāmī Gosvāmī erweckte die tiefgründigen Wahrheiten der Gauḍīya-Philosophie im Herzen derer, die seine Führung annahmen, und verankerte sie im parakīya-rasa. In ähnlicher Weise respektierten Vaiṣṇavas verschiedener sampradāyas Śrīla Gurudeva als unterweisenden Lehrer (śikṣā-guru) und hörten aufmerksam seine Erklärungen zu rūpānuga-bhakti.
Nach dem Vorbild Jīva Gosvāmipādas verlieh Śrīla Gurudeva die Qualifikation für den transzendentalen Dienst und gab seinen Nachfolgern die nötige feste Entschlossenheit. Wenn man unter der reinen Führung von Śrīla Gurudeva bleibt und seine Anweisungen umsetzt, braucht man nicht zu fürchten, dass spirituelle Praxis vergebens ist. Der Ozean enthält viel Wasser, aber dieses Wasser ist nicht trinkbar. Dennoch leben Meeresbewohner darin und trinken das Wasser. In gleicher Weise ist diese Welt kein geeigneter Ort für die Seele. Weil die Seele ihre Unabhängigkeit missbraucht hat, ist sie in einen materiellen Körper eingesperrt. Sie erhält diesen Körper und sehnt sich nach Glück. Ein solches Handeln ist der glorreichen Seele nicht würdig. Für die Seele ist der rasa einer liebenden Beziehung zur Höchsten Seele das einzige Ziel, das es wert ist, verfolgt zu werden. Intelligente Menschen verschwenden nicht ihre Zeit mit weltlichen Angelegenheiten. Vielmehr bemühen sie sich, die transzendentale Welt zu erreichen.