Am sechsten Tag ging es weiter nach Antardvīpa und Sīmantadvīpa. Brahmājī, der Schöpfer des Universums, nahm im Dorf Ātopura-Grāma in Antardvīpa Entsagungen auf sich und ersuchte Kṛṣṇa um Vergebung für sein Vergehen, in Kṛṣṇas Spielen die Kälber und Kuhhirtenjungen gestohlen zu haben. Brahmā verdammte die Geburt als Schöpfer, wenn dies bedeutete, stolz und ein Frevler des Herrn zu werden. Mahāprabhu erschien vor Brahmā und setzte Seine Lotosfüße auf seinen Kopf. Brahmā bat Ihn daraufhin um Verzeihung und betete um eine Geburt, in der dieser falsche Stolz, der Schöpfer zu sein, ausgemerzt werden würde. Mahāprabhu segnete ihn: „So sei es. Du wirst in einer Familie von Yāvanas geboren werden. Du wirst täglich 300 000 Heilige Namen chanten und in Navadvīpa-Dhāma leben. Ich werde in diesem selben Ort erscheinen, um bhakti-rasa zu kosten und durch saṅkīrtana zu verbreiten. Du wirst Mir bei meinem līlā behilflich sein.“
Die Gruppe, geleitet von Ācārya Kesarī, erwies den zahlreichen heiligen Plätzen innerhalb Antardvīpas Respekt, wie Kṣetra-Pāla Śiva, Vṛddha Śiva, Jagāi-Mādhāi-Ghāṭa, Bārakonā-Ghāṭa, Nandanācārya-Bhavana, Śrīvāsa-Aṅgana, Advaita-Bhavana, Gadādhara-Bhavana, Candraśekhara-Bhavana, Pṛthu-Kuṇḍa und Śrī Yoga-Pīṭha, der Geburtsort Mahāprabhus. Die Wohnstätten Advaita Ācāryas und Gadādhara Paṇḍitas befinden sich in der Nähe von Śrīvāsa-Aṅgana, wie auch Candraśekhara-Bhavana, der Ort, an dem Mahāprabhu in der Stimmung Rukmiṇīs getanzt hatte. Śrīla Bhaktisiddhānta Sarasvatī Prabhupāda hatte hier in Candraśekhara-Bhavana die Caitanya Maṭha gegründet, die ursprüngliche Gauḍīya-Maṭha. Diese Wohnstätte Candraśekhara Ācāryaratna ist unter den Gauḍīya Vaiṣṇavas als Vraja-Paṭṭana, als „das Büro“ Vrajas, berühmt. Rādhā-Kuṇḍa und Śyāma-Kuṇḍa befinden sich ebenfalls hier.
In Śrīvāsa-Aṅgana beschrieb Ācārya Kesarī, wie Mahāprabhu für ein ganzes Jahr jede Nacht in Śrīvāsa Paṇḍitas Hof im saṅkīrtana getanzt hatte. Mahāprabhu gestattete niemandem den Zutritt, der die ungetrübte hingebungsvolle Ekstase des Herrn und Seiner Gefährten, die sie im saṅkīrtana-rasa erfuhren, hätte stören können. Ācārya Kesarī beschrieb die wichtigsten Ereignisse, die sich in Śrīvāsa-Aṅgana zutrugen:
(1) Mahāprabhu setzte sich auf den Thron Śrī Viṣṇus und offenbarte Seine Herrlichkeit als Höchster Herr;
(2) die Gottgeweihten führten die abhiṣeka (königliche Badezeremonie) Mahāprabhus aus;
(3) Mahāprabhu schenkte all Seinen Geweihten reine Liebe, einschließlich Seiner Mutter Śacīdevī, nachdem ihr Vergehen gegen Advaita Ācārya vergeben worden war;
(4) die vyāsa-pūjā Śrī Nityānandas fand hier statt;
(5) Mahāprabhu offenbarte Seine sechsarmige Form; in zwei Händen hielt Er wie Kṛṣṇa die Flöte, in zwei Händen wie Rāma Pfeil und Bogen und in dem dritten Paar Händen als der sannyāsī Śrī Kṛṣṇa Caitanya den Stab und den Wassertopf des entsagten Standes;
(6) Mahāprabhu manifestierte Seine Einundzwanzig-Stunden-Ekstase;
(7) Mahāprabhu enthüllte Seine Gestalt als Nṛsiṁhadeva vor Śrīvāsa Paṇḍita;
(8) Śrīvāsa Paṇḍitas Sohn verließ sein Körper während des kīrtanas und Mahāprabhu rief die Seele des verstorbenen Jungen in seinen Körper zurück;
(9) Mahāprabhu gab die Reste Seines Essens Nārāyaṇī, der jungen Nichte Śrīvāsa Paṇḍitas.
Als die Parikramāgruppe den Yoga-Pīṭha erreichte, tanzten und sangen die Gottgeweihten in ekstatischem saṅkīrtana vor den Bildgestalten des Herrn fast eine Stunde lang. Ācārya Kesarī sprach dann über die Herrlichkeit des Yoga-Pīṭhas, über die Kindheitsspiele und ‑streiche des Herrn und schließlich im Detail über die Hauptgründe für das Erscheinen Mahāprabhus:
(1) die religiösen Praktiken für dieses Zeitalter zu predigen, nämlich das gemeinsame Chanten der Heiligen Namen;
(2) den Dienst im mādhurya-rasa, der göttlichen Liebesbeziehung, bekanntzumachen;
(3) Advaita Ācāryas Bitte nachzukommen, der Ihn mit Gaṅgāwasser und Tulasīblättern verehrt hatte, weil Er sich sorgte, in welch dekadentem Zustand sich die Welt befand, und
(4) sich Seine drei innigen Wünsche zu erfüllen:
(a) Śrīmatī Rādhārāṇīs höchste, glorreiche Liebe zu kosten;
(b) Seine eigene Lieblichkeit auf gleiche Art wie Śrīmatī Rādhārāṇī zu erfahren, und
© und das Glück zu genießen, welches Śrīmatī Rādhārāṇī erfährt, wenn Sie Seine Lieblichkeit kostet.
Ācārya Kesarī führte den parikramā dann zum Haus von Murāri Gupta. Dort schilderte er den liebevollen Austausch zwischen Mahāprabhu und Murāri Gupta. Einmal kam der Herr frühmorgens zu Murāri Guptas Haus und sagte: „Ich habe Magenschmerzen und fühle mich nicht gut. Bitte gib Mir Medizin.“
Murāri Gupta erinnerte sich, dass er am Tag zuvor seine Frau angewiesen hatte, zweihundert Gramm Ghee und etwas Zitronensaft einer Reisopferung für Mahāprabhu beizugeben. Sie hatten diesen Reis Mahāprabhu im Geist dargebracht und Ihn liebevoll dazu gebracht, alles aufzuessen. Heute nun bestätigte Mahāprabhu, dass er die Opferung angenommen hatte. „Du hast Mir so viel Reis mit Butterfett zu essen gegeben“, sagte der Herr, „dass ich jetzt kaum atmen kann. Mein Bauch ist so voll. Bitte gib Mir etwas zum Verdauen.“ Murāri Gupta verabreichte Ihm Medizin und etwas Wasser und bald fühlte sich Mahāprabhu wieder besser. Murāri wies dann seine Frau an, niemals Mahāprabhu etwas ohne Wasser darzubringen.
Obwohl Murāri Gupta den Namen Rāmas chantete, ehrte er Mahāprabhu als seinen Herrn und opferte bhoga zu Ihm. Mahāprabhu war über seine Darbringungen sehr erfreut. Dennoch scherzte er des Öfteren mit Murāri Gupta: „Warum chantest du Rāmas Namen? Warum nicht Kṛṣṇas Namen? Rāma ist eine Erweiterung des Höchsten Herrn Kṛṣṇa. Verehre einfach Kṛṣṇa. Der Name Rāmas ist im Tretā-Yuga, aber in diesem Zeitalter ist es vorgeschrieben, Kṛṣṇas Namen zu chanten.“
Murāri Gupta dachte bei sich: „Mahāprabhu wünscht, dass ich Kṛṣṇas Name chante, aber wie soll mir das möglich sein? Ich habe mich schon Rāma verschrieben. Wie kann ich Kṛṣṇa verehren? Ich weiß, dass beide nicht voneinander verschieden sind, aber ich kann mein Herz nicht ändern.”
Außerstande, diesen Gewissenskonflikt zu ertragen, entschloss sich Murāri Gupta: „Ich werde mir den Kopf abtrennen und zu meinem Rāma gehen. Dann wird mich Mahāprabhu nicht mehr necken.“
Diese Nacht legte er ein großes Messer neben seinen Schlafplatz, mit dem Gedanken, sich in der Früh sein Leben zu nehmen. Doch noch bevor er aufwachte, 3:00 Uhr morgens kam Mahāprabhu zu ihm und fragte ihn: „Murāri, warum versteckst du ein Messer neben dir?“
„Prabhu“, antwortete Murāri Gupta, „Du hast mich in ein schmerzvolles Dilemma gebracht. Du möchtest von mir, dass ich Kṛṣṇa verehren, doch ich habe mich schon Śrī Rāma verschrieben. Wie kann ich das rückgängig machen? Es ist mir nicht möglich. Ich wollte mich umbringen, damit Du nicht länger mit mir unzufrieden bist.“
Mahāprabhu erklärte: „Ich bin der Rāma, dem du dich ergeben hast“, und gab dann Murāri Gupta darśana in Seiner Form als der Sohn Daśarathas, Śrī Rāmacandra.
Murāri Gupta sagte: „Wenn Du mein Rāma bist, dann bleibe bitte immer in dieser Form bei mir.“ Mahāprabhu erschien daraufhin zusammen mit Murāri Gupta in einer Form als Bildgestalt, begleitet von Sītādevī und Lakṣmaṇa. Dort, am Wohnort Murāri Guptas, wird Er „Rāma Gopāla“ genannt und gibt bis heute den Gottgeweihten seinen darśana.