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u seinem zehnten Geburtstag schenkten seine Mutter und sein Vater Śrīla Guru­deva einen Hengst. Sein Vater, Groß­vater und Urgroß­vater besaßen jeder ihr eigenes Pferd. Ab und an ritt Guru­deva mit seinen Freunden in die Wildnis. Die Jungen ließen ihre Pferde grasen, erkun­deten den Wald, machten Pick­nick und ruhten sich im küh­lenden Schatten der aus­la­denden Bäume aus.

Eines Tages ritten sie tiefer in den Wald als sonst. Wäh­rend sie ein neues Wald­stück erkun­deten, erin­nerte sich Guru­deva an Śrī Rāmas Spiele im Danḍakāraṇya-Wald. Die Spiele Śrī Rāmas vor Augen lag er auf dem Wald­boden und hielt mit seinen Freunden ein Nickerchen.

Als sie auf­wachten, war Guru­devas Pferd ver­schwunden. Die Abend­däm­me­rung nahte schon, aber das Pferd war nir­gendwo zu finden. Guru­deva begann sich zu sorgen: „Bald wird es dunkel und wir haben noch einen weiten Weg nach Hause. Was werde ich meinem Vater sagen?“

Auf der Suche nach dem Pferd klet­terten die Jungen auf einen Hügel und suchten die Umge­bung ab. Als sie es nicht sehen konnten, teilten sie sich auf und suchten nach Spuren. Nach einigen Minuten rief einer der Jungen: „Ich habe Huf­ab­drücke gefunden!“ Seine Freunde rannten zu ihm hin: „Wo?“

Seht! Hier!“

Sie folgten den Huf­spuren in einen unbe­kannten Teil des Waldes und gelangten zu einem idyl­li­schen, kri­stall­klaren See. Dort stand das Pferd regungslos am Ufer. Als es Guru­deva sah, wollte es zu ihm laufen, aber aus irgend­einem Grund konnte es sich nicht bewegen.

Es möchte zu mir kommen, aber es kann nicht“, bemerkte Guru­deva. Dabei ist es nicht angebunden.“

Was glaubst du, was es zurück­hält?“, fragten seine Freunde. „Meinst du, irgend­eine mysti­sche Kraft?“

Viel­leicht“, ant­wor­tete Guru­deva. Er ging zum Pferd und ver­suchte, es fort­zu­führen, aber es rührte sich nicht vom Fleck. Als die Jungen die Gegend nach einer Erklä­rung absuchten, ent­deckten sie in der Nähe vor einer Höhle einen Yogī, der auf einem Bein stand und Ent­sa­gung aus­übte. Er war in weiße Kleider gekleidet und hatte lange, ver­filzte Haare.

Er fragte sie: „Warum seid ihr hierhergekommen?“

Guru­deva ant­wor­tete forsch: „Wir haben unser Pferd gesucht.“

Ist das dein Pferd, das hier­herkam, um Wasser zu trinken?“, fragte der Yogī.

Ja.“

Warum hast du nicht besser auf­ge­passt, dass es nicht fort­läuft? Ich benutze das Wasser dieses Sees für meine Ver­eh­rung und Opfer­gaben. Ich bade auch hier und trinke dieses Wasser und achte darauf, dass es nicht ver­un­rei­nigt wird.“

Es war dur­stig und hat nach Wasser gesucht“, wandte Guru­deva ein. „Ein Tier weiß doch nicht, wie es sich zu ver­halten hat. Sie sind eine große Per­sön­lich­keit, warum sollten sie zornig auf ein Tier sein?“

Ich bin zornig auf dich, nicht auf das Pferd“, erwi­derte der Yogī, „warum passt du nicht besser darauf auf?“

Guru­deva sah, dass der Yogī von leicht reiz­barem Tem­pe­ra­ment war. Er berührte dar­aufhin seine Füße und bat ihn mit gefal­teten Händen: „Großer Hei­liger, bitte ver­zeihen sie mir die Stö­rung. Ich bin noch ein uner­fah­renes Kind.“

Der Yogī war erfreut über Guru­devas Demut und seg­nete ihn: „Von jetzt an wird dein Pferd sehr an dir hängen und dich nie verlassen.“

Seine Neu­gier geweckt, fragte Guru­deva: „Mahārāja, bitte sagen Sie uns: Wie lange leben sie schon hier? Wen ver­ehren Sie und welche Ent­sa­gungen prak­ti­zieren Sie?“

Wie heißt du? Wo kommst du her?“, fragte der Yogī zurück.

Mein Name ist Śrīman Nārāyaṇa und mein Vater ist ein brāh­maṇa-Paṇḍita aus Tiwaripur.“

Ah, da bist du also! Ich habe auf dich gewartet!“, rief der Yogī aus. „Ich kann deine Zukunft sehen. Du wirst auch ein Mönch und ein Yogī werden und auf der ganzen Welt berühmt sein.“ Der Yogī lachte: „Du wirst Zehn­tau­sende Schüler haben und dich ständig um sie kümmern.“

Guru­deva war erstaunt über diese Worte des Yogī. Einige Zeit ver­ging in Schweigen. „Bitte ver­raten sie uns, wen sie ver­ehren?“ bat er dann.

Ich ver­ehre dich! Ich ver­ehre dich!“, rief der Yogī fröhlich.

Die Jungen staunten. „Sie ver­ehren mich?“, fragte Guru­deva verlegen.

Ja, des­halb bist du zu mir gekommen“, ant­wor­tete der Yogī, „warum sonst soll­test du hier­her­kommen? Als dein Pferd hier­herkam, hielt ich es durch einen Bann fest, und so war ich in der Lage, dich zu sehen.“

Śrīla Guru­deva konnte sich keinen Reim auf die Worte des Yogīs machen. Auch seine Freunde dachten: „Was meint er damit: „Ich ver­ehre dich! Ich ver­ehre dich!“?

Als er die Jungen so ver­wirrt sah, lachte der Yogī schal­lend. Guru­deva und seine Freunde bangten: „Was wird er als näch­stes tun?“

Der Yogī sprach: „Seit langer Zeit ver­langte es mich danach, dir zu begegnen, so wie die Weisen des Danḍakāraṇya-Waldes sich wünschten, Śrī Rāma zu treffen. Ich wusste, dass eine große Seele in Bihar geboren werden würde. Jetzt bin ich zufrieden und kann gehen. Meine Seg­nungen werden dich begleiten. Du wirst ein welt­be­rühmter ācārya werden. In einigen Jahren wirst du reinen sādhus begegnen und, nachdem du ihre Unter­wei­sungen gehört hast, deine Familie ver­lassen, um die Welt reisen und reine Liebe verteilen.

Śrīla Guru­deva dachte über die geheim­nis­vollen Pro­phe­zei­ungen des Yogīs nach. Wäh­rend die Sonne am Hori­zont unter­ging, wies ihn der Yogī an: „Du bist gekommen und hast mir deinen darśana gegeben. Kehrt jetzt nach Hause zurück. Es ist Zeit für meine Abend­me­di­ta­tion. Falls ich euch je mit meiner mysti­schen Kraft rufen sollte, werden wir uns wie­der­sehen.“ Mit diesen Worten betrat der Yogī seine Höhle und ließ die Jungen erstaunt zurück, die ihren Heimweg zurück durch die unbe­kannten Berge antraten.

Genau wie der Yogī vor­her­ge­sagt hatte, wurde Guru­devas Pferd unge­wöhn­lich anhäng­lich und wollte nie­mand anders auf sich reiten lassen. Guru­deva kehrte viele Male mit seinen Freunden in den Wald zurück, aber sah den Yogī nie wieder. Er dachte über dessen Vor­her­sagen nach und war­tete sehn­süchtig darauf, den sādhus zu begegnen, von denen er gespro­chen hatte.

Sri Guru-Darsana

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