Vor seiner Überfahrt nach Amerika verbrachte Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja viel Zeit in Delhi mit dem Drucken und Verteilen seiner Zeitschriften und Bücher. Śrīla Gurudeva wohnte oft bei ihm in seinen Zimmern im Chippiwada Rādhā-Kṛṣṇa Tempel. Bevor er 1965 mit einem Frachtschiff in die USA aufbrach, bat Śrīla Svāmī Mahārāja Śrīla Gurudeva, ihn in den Westen zu begleiten. Gurudeva wandte demütig ein, dass er nicht ohne die Erlaubnis seines spirituellen Meisters abreisen könne, der ihm angewiesen hatte, die Kesavaji Gaudiya Matha und die Predigttätigkeiten in Nordindien zu leiten. Śrīla Gurudeva nahm Abschied von ihm und versprach, in enger Verbindung zu bleiben.
Von Amerika aus bat Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja Gurudeva, ihm spirituelle Utensilien und anderes, was nur in Indien erhältlich war, zu schicken. Gurudeva sandte bereitwillig Rādhā-Kṛṣṇa-Bildgestalten, Kleidung und Schmuck für die Deities, Bücher, Instrumente (mṛdaṅgas, karatālas und Harmoniums), ayurvedische Medizin, peḍa (die berühmte Mathurā-Milchsüßigkeit), Tulasī-Ketten und andere Dinge. In den nächsten zwölf Jahren tauschten Śrīla Gurudeva und Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja Hunderte von herzlichen handgeschriebenen Briefen aus. Am 28. September 1966 schrieb Śrīla Svāmī Mahārāja per Luftpost:
International Society for Kṛṣṇa Consciousness Inc.
TWENTY-SIX SECOND AVENUE, NEW YORK, N.Y. 10003
Ācārya: Svāmī A.C. Bhaktivedānta Sept. 28, 1966.
Śrīpad Nārāyaṇa Mahārāja,
Deinen Brief vom 20.9.66 habe ich rechtzeitig erhalten. Unsere Beziehung beruht zweifellos auf spontaner Liebe. Deswegen ist es nicht möglich, dass wir einander vergessen. Möge durch die Gnade von Guru und Gaurāṅga alles für dich glückverheißend sein, das ist mein stetes Gebet. Seit unserem ersten Treffen wünsche ich dir nur das Beste. Auch Śrīla Prabhupāda ‒von dem Tag an, als er mich zum ersten Mal sah ‒ begegnete mir mit der gleichen Liebe. Es war in meinem allerersten darśana Śrīla Prabhupādas, dass ich lernte, wie man liebt. Es ist seine grenzenlose Gnade, dass er eine unwürdige Person wie mich damit beauftragt hat, einige seiner Wünsche zu erfüllen. Grundlos barmherzig, beschäftigt er mich darin, die Botschaft Śrī Rūpas und Śrī Raghunāthas zu predigen.
Ich denke, dass du in allen Gauḍīya-Maṭhas der wahre Guru-sevaka bist. Deshalb schreibe ich dir fortgesetzt und schenke dir all meine Liebe und Zuneigung.
Am 25. Juli 1967 kehrte Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja zusammen mit seinem Schüler Kirtanānanda Dāsa von seiner ersten Predigtreise aus Amerika zurück. Śrīla Gurudeva traf ihn am Flughafen und blieb sechs Tage bei ihm in Delhi im Rādhā-Kṛṣṇa Chippiwada Tempel.
Śrīla Svāmī Mahārāja erzählte Śrīla Gurudeva, wie er sein Predigen in der Bowery in New York begonnen hatte, einem der heruntergekommensten Orte Amerikas. Er hatte zu seinem Gurudeva gebetet und begonnen, im Tompkins Square Park das pañca-tattva-Mantra und das Mahā-Mantra zu chanten. Seine Augen geschlossen, im Chanten vertieft, begannen Hippies freudig um ihn herumzutanzen. Sie boten ihm Drogen und Alkohol an, denn sie wussten nichts von den Regeln des hingebungsvollen Lebens. Sie fühlten sich vom bhakti-Pfad angezogen und begannen, zu seinen Vorträgen in einem Laden namens Matchless Gifts zu kommen. Er gründete ISKCON, die International Society for Kṛṣṇa Consciousness, eröffnete Zentren in San Francisco und New York und setzte seine Übersetzung des Śrīmad-Bhāgavatams fort, bevor er nach Indien zurückkehrte. In den darauffolgenden Jahren verbreitete sich durch Śrī Caitanya Mahāprabhus Wunsch die Bewegung für Kṛṣṇa-Bewusstsein rasch auf der ganzen Welt.
Am 1. August kam Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja zu Rādhā-Dāmodara nach Vṛndāvana. Ein paar Wochen später traf auch ein weiterer Schüler Śrīla Svāmī Mahārājas, Acyutānanda Dāsa, aus Amerika ein. Śrīla Gurudeva besuchte Śrīla Svāmī Mahārāja mehrere Male in Vṛndāvana. Er verteidigte Śrīla Svāmī Mahārājas Schüler und aß, was sie kochten; eine bemerkenswerte Geste, denn die meisten von Śrīla Svāmī Mahārājas Gottbrüdern, wie auch alle Kastengosvāmīs, akzeptierten nichts Gekochtes von den Westlern, die zuvor Fleischesser gewesen waren. Śrīla Gurudeva zitierte Kṛṣṇa:
na me 'bhaktaś catur-vedī
mad-bhaktaḥ śva-pacaḥ priyaḥ
tasmai deyaṁ tato grāhyaṁ
sa ca pūjyo yathā hy aham
Hari-Bhakti-Vilāsa 10.91
Ein brāhmaṇa, der die vier Veden kennt, aber kein Gottgeweihter ist, kann mich nicht erfreuen. Ein Gottgeweihter dagegen, auch wenn er in einer Familie von Kastenlosen geboren wurde, ist mir zweifellos sehr lieb. Alles sollte ihm dargebracht werden und was immer er anbietet, sollte man annehmen. Er ist genauso verehrungswürdig wie Ich selbst.
Während seines Aufenthaltes in Indien besuchte Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja in Kalkutta seinen sannyāsa-Guru Śrīla Bhaktiprajñāna Keśava Gosvāmī Mahārāja. Die beiden ācāryas unterhielten sich im Vertrauen miteinander. Śrīla Svāmī Mahārāja sprach über die Eröffnung eines Tempels in Navadvīpa-Dhāma. Extrem erfreut über das Predigen Śrīla Svāmī Mahārājas, versprach Ācārya Kesarī, ihm in jeder Hinsicht zu helfen und riet ihm, das Zentrum in Māyāpura zu eröffnen. Er prophezeite, dass es als ein großartiger Tempel Caitanya Mahāprabhus international bekannt werden würde. Ācārya Kesarī konnte voraussehen, dass, falls Śrīla Svāmī Mahārāja einen Tempel in Navadvīpa eröffnete, viele Menschen aus Indien und dem Westen dorthin kommen und Navadvīpa mehr Bedeutung geben würden als Māyāpura, dem eigentlichen Geburtsort Śrī Caitanya Mahāprabhus.
Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Svāmī Mahārāja Mahārāja verbrachte dann mit seinen Schülern einige Tage in der Devānanda Gauḍīya Maṭha. Ācārya Kesarīs Mission florierte dort, mit über hundert brahmacārīs und sannyāsīs, die von der Devānanda Gauḍīya Maṭha aus dynamisch in ganz Bengalen predigten. Im Dezember 1967 kehrte Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja nach Amerika zurück und ließ Acyutānanda zurück, um die Etikette und die Lebensweise der Gauḍīya Vaiṣṇavas zu studieren.