Eine Gedenk­feier wurde für Samstag, den 19. Oktober, anbe­raumt und Ein­la­dungen ver­schickt. Tau­sende von Vaiṣṇavas aus ganz Indien brachten in Gedenken an Śrīla Bhak­ti­pra­j­ñāna Keśava Gos­vāmī Mahārāja ihre Ver­eh­rung und Lob­reden dar. Für gewöhn­lich waren die Vaiṣṇavas von ern­ster Natur, aber an diesem Tag schmolzen ihre Herzen in Tren­nung von ihrem lieben Gott­bruder und sie weinten vor Kummer. Śrīla Bhakt­idayita Mād­hava Gos­vāmī Mahārāja, Śrīla Bhak­ti­rakṣaka Śrīd­hara Gos­vāmī Mahārāja, Śrīla Bhak­ti­pra­moda Purī Gos­vāmī Mahārāja, Śrīla Bhak­tiśrīrūpa Sid­dhanti Gos­vāmī Mahārāja, Śrīla Bhak­ti­ka­mala Mad­husū­dana Mahārāja, Śrīla Bhak­ti­jī­vana Janār­dana Mahārāja, Śrīla Bhak­ti­vilāsa Bhāratī Mahārāja, Śrīla Bhak­ti­kumuda Śānta Mahārāja und andere Vaiṣṇava-ācāryas und san­ny­āsīs spra­chen hari-kathā, um den Gott­ge­weihten der Śrī Gauḍīya Vedānta Samiti wieder Enthu­si­asmus und Kraft zu geben. Von mor­gens bis abends gab es hari-kathā. Die ācāryas spra­chen dar­über, wie der Schüler jeder­zeit mit Śrī Guru zusammen sein kann, indem er in seine Fuß­stapfen tritt. Sie erklärten, dass wir, wenn der Guru nicht mehr phy­sisch gegen­wärtig ist, die Regeln und den Weg der bhakti, die er gelehrt und ver­an­schau­licht hat, nicht ver­lassen dürfen, denn sonst werden wir Wai­sen­kinder und ver­lieren alle Hoff­nung. Solange der sādhaka den von Śrī Guru gege­benen Prin­zi­pien folgt, bleibt er in seinem Leben vor allen Schwie­rig­keiten bewahrt. Śrī Guru ist ewig; seinem Rat zu folgen und zu ver­su­chen, die Wün­sche seines Her­zens zu erfüllen, ist das Mittel, immer bei ihm zu sein.

Anschlie­ßend brachten die san­nyāsī-Schüler Ācārya Kes­arīs ihre tief emp­fun­dene puṣpā­ñ­jalis dar. Danach wurde eine Wür­di­gung Śrīla Bhakti Vilāsa Tīrtha Mahārājas vor­ge­lesen, der bei der Feier nicht per­sön­lich anwe­send sein konnte. Śrīla Bhakt­idayitā Mād­hava Gos­vāmī Mahārāja und Śrīla Bhak­tiśrīrūpa Sid­dhāntī Gos­vāmī Mahārāja wurden kon­sul­tiert, um den neuen Prä­si­denten zu ernennen. Śrīla Bhak­ti­ve­dānta Vāmana Mahārāja, Śrīla Guru­deva und Śrīla Bhak­ti­ve­dānta Tri­vi­krama Mahārāja waren als die drei Säulen der Gauḍīya Vedānta Samiti aner­kannt, doch sie alle lehnten das Prä­si­den­tenamt demütig ab. Schließ­lich baten Śrīla Guru­deva, Śrīla Tri­vi­krama Gos­vāmī Mahārāja und die anderen anwe­senden Vaiṣṇavas Śrīla Vāmana Gos­vāmī Mahārāja, die Posi­tion des ācāryas zu akzep­tieren. Er hatte seit seiner Kind­heit, seit er 1930 nach Māy­ā­pura gekommen war, unter der Füh­rung Ācārya Kes­arīs gestanden.

Vor seinem Fort­gehen hatte Ācārya Kesarī seinen Wunsch geäu­ßert, dass seine drei Säulen ācāryas in ver­schie­denen Teilen Indiens sein sollten. Er sagte: „Śrīla Nārāyaṇa Mahārāja wird sich auf das Pre­digen in Nord­in­dien kon­zen­trieren, mit der Keśa­vajī Gauḍīya Maṭha als Basis; Śrīla Tri­vi­krama Mahārāja wird von der Uddhāraṇa Gauḍīya Maṭha aus in West­ben­galen pre­digen; und Śrīla Vāmana Mahārāja wird haupt­säch­lich in Nord- und Ost­ben­galen sowie in Süd­in­dien unter­wegs sein und seinen Sitz in der Devān­anda Gauḍīya Maṭha haben.“

Damals hatte Śrīla Tri­vi­krama Mahārāja ein­ge­wandt: „Ich bin ein Sevaka. Ich werde immer der Diener bleiben. Ich werde deiner Anwei­sung folgen, wenn du darauf bestehst, aber ich bin von Natur aus sehr streng. Falls ich ācārya bin, werde ich kein Fehl­ver­halten tole­rieren können und der Tempel wird bald leer sein.“

Śrīla Guru­deva sagte bescheiden: „Oh Guru Mahārāja, ich bin nicht qua­li­fi­ziert dafür.“

Auch Śrīla Vāmana Gos­vāmī Mahārāja bat demütig: „Ich bin nicht qua­li­fi­ziert, ācārya zu sein.“ Keiner der drei Brüder wollte eine Posi­tion, in der er über den anderen stehen würde. Als er sah, wie seine älteren Gott­brüder zögerten, schlug Ācārya Kes­arīs Schüler Bhak­ti­ve­dānta Pary­aṭaka Mahārāja eifrig vor, ihm die zukünf­tige Posi­tion des ācāryas zu übertragen.

Bhak­ti­ve­danta Pary­aṭaka Mahārāja war dem Tempel zuerst in Mathurā bei­getreten und dort unter der Füh­rung Śrīla Guru­devas geblieben. Er hatte von Guru­deva gelernt, wie man die Bild­ge­stalten ver­ehrt, kīr­tana singt und andere Vaiṣṇava-Aktivitäten aus­führt. Er hatte Ein­wei­hung von Ācārya Kesarī genommen und den Namen Cidghanān­anda Brah­macārī erhalten. Nach einiger Zeit befand Ācārya­deva, dass er gut kīr­tana singen konnte und nahm ihn zum Pre­digen mit. 1965 erhielt er das san­nyāsa-Mantra und den Namen Pary­aṭaka Mahārāja.

Als Ācārya Kesarī über­legte, wer die Posi­tion des ācāryas annehmen sollte, mel­dete sich Pary­aṭaka Mahārāja und erklärte: „Wenn sie nicht wollen, dann kann ich ācārya sein.“

Ācārya Kesarī erwi­derte: „Falls Śrīla Vāmana Mahārāja, Śrīla Tri­vi­krama Mahārāja oder Śrīla Nārāyaṇa Mahārāja nicht ācārya werden, kannst du dich vorschlagen.“

Nach Śrīla Bhak­ti­pra­j­ñāna Keśava Gos­vāmī Mahārājas Fort­gehen stimmten alle überein, dass Śrīla Vāmana Gos­vāmī Mahārāja zum näch­sten Prä­si­denten der Gauḍīya Vedānta Samiti ernannt werden sollte. Śrīla Guru­deva und Śrīla Tri­vi­krama Gos­vāmī Mahārāja baten ihn, den Posten anzu­nehmen, und Śrīla Vāmana Gos­vāmī Mahārāja sagte wider­stre­bend: „Ich werde zustimmen, solange ihr beiden mich als Diener akzep­tiert. Ohne eure Hilfe und Erlaubnis werde ich nichts tun. Ihr beauf­tragt mich, allen Gott­ge­weihten zu dienen. Aber nur wenn ihr mir dies ermög­licht, kann ich es tun. Falls ihr mich ver­lasst und eurem eigenen bha­jana nach­geht, werde ich euch hin­ter­her­laufen und bei euch bleiben. Was nützt es, diesen Posten anzu­nehmen, wenn die Vaiṣṇavas nicht zufrieden sind? Wenn meine Gott­brüder unzu­frieden sind, brauche ich diese Auf­gabe nicht zu übernehmen.“

Śrīla Guru­deva und Śrīla Tri­vi­krama Gos­vāmī Mahārāja ver­spra­chen Śrīla Vāmana Gos­vāmī Mahārāja, immer an seiner Seite zu bleiben und ihm zu helfen. Sie ver­ein­barten, alle Ange­le­gen­heiten gemeinsam zu bespre­chen und zusam­men­zu­ar­beiten. Ent­schei­dungen sollten nicht unab­hängig getroffen werden. Dann wurde Śrīla Vāmana Gos­vāmī Mahārāja zum Prä­si­denten ernannt und mit der Ver­gabe von dīkṣā-Ein­wei­hungen beauf­tragt. Śrīla Guru­deva wurde Vize­prä­si­dent und Śrīla Tri­vi­krama Gos­vāmī Mahārāja wurde Gene­ral­se­kretär. Die drei Säulen des Samiti hielten kurze Reden und die Ver­samm­lung endete mit einem kīr­tana. Wäh­rend den 5.000 Gästen mahā-prasāda ser­viert wurde, über­reichte Guru­deva den ācāryas, san­ny­āsīs, brah­macārīs, gṛhastha-Gott­ge­weihten und anderen Ehren­gä­sten respekt­voll Geschenke. Am näch­sten Tag fand ein wei­teres Fest statt und am Nach­mittag brachten die­je­nigen, die am Vortag keine Gele­gen­heit dazu gehabt hatten, Ācārya Kesarī ihre puṣpā­ñ­jali-Wür­di­gungen dar.

Śrīla Tri­vi­krama Gos­vāmī Mahārāja sandte seinem engen Freund und Mit­be­gründer der Gauḍīya Vedānta Samiti, Śrīla Bhak­ti­ve­dānta Svāmī Mahārāja, der zu der Zeit in Seattle pre­digte, die Nach­richt von Ācārya Kes­arīs Ein­tritt ins nitya-līlā. Als Śrīla Svāmī Mahārāja die Mit­tei­lung erhielt, wurde er sehr ernst. Er rief seine Schüler zu einem außer­or­dent­li­chen Treffen zusammen und sprach in Trauer über seinen geliebten Gott­bruder. Im Anschluss daran schrieb und schickte Śrīla Bhak­ti­ve­dānta Svāmī Mahārāja einen per­sön­li­chen Brief und ein Kon­do­lenz­schreiben, das von allen in Seattle anwe­senden ISKCON-Mitgliedern unter­zeichnet wurde. Er bat auch um ein Foto Śrīla Bhak­ti­pra­j­ñāna Keśava Gos­vāmī Mahārājas, damit er es ver­viel­fäl­tigen und in seinen Zen­tren auf­hängen konnte. In seinem Brief schrieb er:

Seattle, Washington
22.Oktober 1968

Ich erweise den Lotus­füßen aller Vaiṣṇavas meine demü­tigen aus­ge­streckten Ehrerbietungen.

Śrīpāda Tri­vi­krama Mahārāja,

ich hatte eine sehr lange ver­traute Bezie­hung zu Śrīla Mahārāja. Wann immer ich Śrīd­hāma Māy­ā­pura besuchte, küm­merten sich Nara­hari Dādā und Śrīpāda Vinoda Dādā mit großer Zunei­gung um mich. Sie waren meine überaus engen Freunde.

Die größte Barm­her­zig­keit von Śrīla Keśava Mahārāja bestand darin, mich zu einem san­nyāsī zu machen. Ich ver­spürte kei­nerlei Wunsch, san­nyāsa anzu­nehmen, aber auf das wie­der­holte Drängen von Śrīpāda Nārāyaṇa Mahārāja schenkte Śrīla Keśava Mahārāja dieser unwil­ligen und blinden Person gren­zen­lose Gnade, indem er mir gewaltsam san­nyāsa gab. Es scheint, dass der Wunsch Śrīla Prab­hupādas in sein Herz über­tragen wurde, und so bekam ich sannyāsa.

Ich stehe ewig in der Schuld Śrīla [Keśava] Mahārājas.

Sri Guru-Darsana

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