Srīla Guru­deva lebte schlicht. Er nahm nie Geschenke oder Annehm­lich­keiten für sich selbst an. In jedem Bereich seines Lebens zeigte Guru­deva ein Vor­bild idealer Ent­sa­gung. Sein Essen bestand aus wenigen Cha­pattis, einer Hand­voll Reis und einem ein­fa­chen gekochten Sabji. Manchmal wies Guru­deva neue Gott­ge­weihte an, zu kochen. Sie folgten seiner Anwei­sung, aber weil sie uner­fahren waren, pas­sierte es, dass sie das Essen anbrannten, zu viel oder zu wenig salzten oder ander­weitig Gerichte ver­darben. Doch wenn das prasāda Śrīla Guru­deva ser­viert wurde, sagte er immer: „Es schmeckt vor­züg­lich.“ Guru­deva tadelte nie­manden für Fehler im Dienst. Er wusste, dass man Men­schen zuerst an sich binden und irgendwie bei sich behalten muss, und dass es keinen Sinn macht, sich über Fehler zu ärgern. Guru­deva pflegte zu sagen: „Sie sind gekommen. Das ist genug. Wie viele Men­schen auf der Welt wenden sich diesem Pfad zu? Wenn ich sie für kleine Fehler bestrafe oder tadele, werden sie mög­li­cher­weise wieder gehen und māyā zum Opfer fallen.“

Wenn Śrīla Guru­deva auf Vṛndāvana- oder Govardhana-parik­ramā ging, war er begierig, sich mit sādhus zu treffen. In jenen Tagen lebten viele ent­sagte ācāryas und Vaiṣṇavas in Vraja-Maṇḍala. Die mei­sten von ihnen wohnten in ein­fa­chen Hütten und waren im bha­jana ver­tieft. Wenn Leute zu ihnen kamen, spra­chen sie über reine Hin­gabe. Im Winter brachte Śrīla Guru­deva den sādhus und niṣki­ñ­cana-Vaiṣṇavas Decken, Pull­over und dicke Schals. Wo er hinkam, freuten sich die sādhus, ihn zu sehen. Er sah es als Gele­gen­heit, ihnen zu dienen, und als eine Chance für sat-saṅga. Er wollte von den Ver­wirk­li­chungen der sādhus hören und sprach mit ihnen über Verse des Ujjvala-Nīlamaṇi, Bhakti-Rasāmṛta-Sindhu und Śrīmad-Bhāgavatam.

Den Schü­lern Śrīla Bhak­ti­sid­dhānta Saras­vatī Prab­hupādas und anderen Vaiṣṇava-ācāryas erwies Śrīla Guru­deva ange­mes­senen Respekt. Wenn Vaiṣṇavas zum Tempel in Mathurā kamen, bot Guru­deva ihnen höf­lich einen Platz an und bat sie, hari-kathā zu spre­chen. Doch sie lehnten demütig ab: „Nein, gib du Klasse“, baten sie ihn: „Wir wollen zuhören.“ Manchmal kamen Vaiṣṇavas im Winter, aber es gab nur wenige Decken im Tempel. Die Tem­pel­be­wohner fer­tigten Decken selbst an, indem sie Stoff­reste sam­melten und zusam­men­nähten. Wenn Vaiṣṇavas kamen, erhielten sie zum Schlafen eine dieser pro­vi­so­ri­schen Stepp­decken als Matratze und eine zum Zudecken. Manchmal gab Śrīla Guru­deva einem besu­chenden Vaiṣṇava auch seine eigene Decke. In dem Fall chan­tete Guru­deva dann die ganze Nacht harināma. Für gewöhn­lich ging er um 23 Uhr schlafen und stand um 2:30 oder 3 Uhr auf. Das ist die Natur reiner Gott­ge­weihter. Die­je­nigen in seiner Nähe konnten dies miterleben.

Śrīla Guru­deva beher­bergte oft Vaiṣṇavas, die aus Purī oder Nav­ad­vīpa zu Besuch kamen, und er beschäf­tigte seine brah­macārīs in ihrem Dienst. Eines Abends kamen einige von Śrīla Guru­devas gṛhastha-Gott­brü­dern. Śrīla Guru­deva trug seinem brah­macārī-sevāka auf: „Koch für sie. Sie werden in meinem Zimmer schlafen.“

Wo wirst du schlafen?“, fragte er.

Mach dir keine Sorgen um mich“, ant­wor­tete Gurudeva.

Er bot ihnen sein Bett an und sagte zu seinem sevāka: „Sie sind gerade ange­kommen und sehr müde. Mas­siere ihre Füße und ihren Kopf, erst dann kannst du mich mas­sieren kommen.“

Wo steht ein san­nyāsī und wo steht ein gṛhastha?“, pro­te­stierte er. „Muss ich ihre Füße mit Öl massieren?“

Sie sind Vaiṣṇavas“, sagte Guru­deva, „nicht gṛhasthas oder san­ny­āsīs.“

jei bhaje sei baḍa, abhakta hīna chāra
kṛṣṇa-bhajane nāhi jāti-kulādi-vicāra
Caitanya-Caritāmṛta, Antya 4.68

Jeder, der bha­jana ausübt, ist ein Vaiṣṇava und ver­eh­rens­wert. Falls du den Vaiṣṇavas nicht dienst, wird deine Intel­li­genz durch deine Gering­schät­zung und deine Ver­gehen verdorben.“

Ich bin hier, um dir zu dienen“, erwi­derte er.

Dann tue, was ich dir auf­trage!“, sagte Śrīla Guru­deva. „Das ist Dienst zu mir.“ Der brah­macārī diente dar­aufhin zuerst den gṛhastha-Vaiṣṇavas und erst dann erlaubte Guru­deva ihm, seine Füße zu massieren.

Sri Guru-Darsana

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