1975 durchlebte Indien eine nationale Krise. Die Regierung hatte den Ausnahmezustand ausgerufen, die Demokratie suspendiert, Tausende von Dissidenten und Beamten verhaftet und die Presse zensiert. Der Ausnahmezustand bestand vom 25. Juni 1975 bis zum 23. Januar 1977. Im September 1976 initiierte die Regierungspartei ein umfassendes Programm zur Zwangssterilisation, um das Bevölkerungswachstum in Indien zu kontrollieren. Bestimmte Gruppen waren betroffen. Über acht Millionen Männer wurden allein in einem Jahr sterilisiert. In ihrer Abneigung gegen sādhus forderte die Regierung, dass alle rot-gekleideten bābājīs entmannt werden müssten. Regierungsvertreter erklärten: "Sādhus sind wie rote Affen, die nur essen, schlafen und Unfrieden stiften. Sie sind eine schwere Last und eine Störung für unser Land. Anstatt sich für unsere Gesellschaft einzusetzen, betteln sie in den Städten und Dörfern und haben unrechtmäßige Affären mit Frauen. Deshalb werden wir sie zwangssterilisieren, um zu verhindern, dass sie unnötig Kinder zeugen."
Mathurā und Vraja-Maṇḍala waren stark betroffene Gebiete. Jedes Jahr kamen Tausende von sādhus aus verschiedenen Teilen Indiens wie Haridvāra und Citrakūṭa in Mathurā zusammen, um Janmāṣṭamī zu feiern. Während Janmāṣṭamī 1976 setzte die Regierung eine Belohnung von 100.000 Rupien für jeden Polizisten aus, der 100 sādhus brachte. Polizisten kamen inkognito in die Tempel und luden sādhus zu einem Festessen ein. Den sādhus wurde erzählt, dass sie zu einem Programm gebracht würden, wo kīrtana abgehalten wurde, sie mahā-prasāda bekämen und dann zurückgebracht würden. Stattdessen wurden sie aber dann in Bussen zu einem örtlichen Krankenhaus gefahren, wo sie grobschlächtig operiert und dann blutend auf die Straße geworfen wurden. Viele sādhus starben an Infektionen oder Folgeerkrankungen aufgrund der unhygienischen Operationen und mangelnden medizinischen Versorgung. Als diese Gräueltaten mehrere Monate andauerten, zogen viele der verbleibenden sādhus gewöhnliche Kleidung an oder versteckten sich, während andere sich zum Protest versammelten.
Śrīla Gurudeva wies alle Safran-brahmacārīs an, im Tempel zu bleiben. Nur Gottgeweihte in weißer Kleidung brachten Gemüse oder Wasser für die Maṭha. Da einige der örtlichen Beamten und Polizisten Śrīla Gurudeva wohlgesonnen waren und regelmäßig von ihm hörten, gab es keine Probleme innerhalb der Keśavajī Gauḍī Maṭha Maṭha. Aber nach draußen zu gehen, war gefährlich.
Schließlich wandte sich eine Gruppe führender sādhus an Śrīla Gurudeva und bat: "Bitte schützen Sie uns, nur Sie können diese Übergriffe stoppen."
Śrīla Gurudeva war zornig auf die dämonische Regierungspolitik und berief geheime Treffen mit den sādhus in Vṛndāvana ein. Dort riet er ihnen, ihren sādhana in āśrāmas zu praktizieren, anstatt als Bettelmönche umherzuziehen, und er wies sie an, der Etikette des geistlichen Lebens richtig zu folgen.
Gurudeva sagte: "Solche Schandtaten an sādhus können nicht von langer Dauer sein. Zu Beginn des Rāma-Līlās sandte Rāvaṇa viele kannibalische Dämonen und rākṣasas nach Daṇḍakāraṇya, wo Tausende von Weisen Entsagungen auf sich nahmen. Khara, Duśaṇa, Tāḍakā, Mārīca und andere rāksasas belästigten die ṛṣis, töteten sie unbarmherzig und aßen sie. So viele Weisen wurden getötet, dass ganze Hügel aus ihren Knochen entstanden.
Rāvaṇa schickte seine rāksasas mit folgender Botschaft zu den Weisen: "Ihr lebt auf dem Land unseres Königs, deshalb müsst ihr Steuern zahlen."
"Wir treiben keinen Handel und keine Landwirtschaft", antworteten die Weisen, "wie können wir Steuern zahlen?"
"Ihr esst unsere Früchte und trinkt unser Wasser und daraus hat euer Körper viel Blut gebildet. Ihr könnt uns euer Blut als Steuer geben."
"Was wollt ihr mit unserem Blut?"
"Unser König wird euer Blut trinken und noch mächtiger werden."
"Wenn die sādhus schwach sind und keinen bhajana ausüben", dachten die Dämonen, "wird unser König nie besiegt werden. Deshalb lasst uns sie töten oder ihr Blut als Steuer eintreiben."
Rāvaṇa hatte den Himmel erobert und beherrschte die Welt, aber dennoch wollte er noch mehr Macht. Er glaubte, dass er die Kraft ihrer Entsagungen gewänne, falls er das Blut der Weisen trinken würde.
Die rākṣasas brachte einen goldenen Topf, und die Weisen schnitten sich in ihre Schenkel, ließen das Blut hineinlaufen und sagten: "Bringt dieses Blut zu Rāvaṇa und sagt ihm, dass es seine Dynastie vernichten wird!"
Die rākṣasas brachte den Topf nach Laṅkā, aber Rāvaṇa war zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend. Als sie von dem Fluch hörte, sagte seine Frau Mandodari: "Nehmt diesen Topf und vergrabt ihn sofort unter den Himālayas! Ich werde Rāvaṇa stattdessen Tierblut zu trinken geben."
Der Topf wurde in der Bergregion Mithilā vergraben, dem Gebiet, in dem Janaka Mahārāja regierte. Fortan wurde Mithilā von Dürren heimgesucht und Frauen und Tiere wurden unfruchtbar. Um sein Königreich und sein Volk zu retten, konsultierte der verzweifelte Janaka Mahārāja seine brāhmaṇa Berater und plante ein großes Opfer. Als sie den Boden pflügten, um die Opferarena zu reinigen, stießen sie auf einen goldenen Topf und fanden beim Öffnen ein wunderschönes kleines Mädchen vor, Sītādevī. Sītā war die Verkörperung des Fluches der sādhus über Ravana und später wurde sie die Ursache der Vernichtung Rāvaṇas und seiner Dynastie."
Śrīla Gurudeva fuhr fort: "Rāma ging für vierzehn Jahre in den Wald. Dort tötete Er die Dämonen, die die sādhus überfielen. Und als er den Asketen begegnete, wies er sie an: "Eure tapa-bala, die Kraft eurer Entsagungen, geht verloren, sobald Ihr zornig werdet. Dann können euch die Dämonen leicht verschlingen.
Die sādhus, die in den āśramas von Gautama, Yājñavalkya, Viśvāmitra und andere großen ṛṣis lebten, wurden nicht von den Dämonen drangsaliert. Dämonische Menschen werden diejenigen sādhus peinigen, die keinem reinen Guru ergeben sind und stattdessen versuchen, bhajana allein zu praktizieren, ohne kīrtana oder hari-kathā. Nur sādhus, die nicht unter dem Schutz der mächtigen ṛṣis standen, wurden von rākṣasas attackiert. Man mag denken: "Wenn ich allein bin, dann kann ich ohne Störung bhajana praktizieren." Es sind solche schwachen Gottgeweihten, die, wie Waisenkinder, zu leichter Beute werden. Sobald man nicht unter der Führung fortgeschrittener sādhus steht, beginnt man, eine Haltung des Genießens zu kultivieren und gibt schließlich den Dienst Bhagavāns auf. Jedoch gibt es auch sādhakas, die zwar im asrāma ihres Gurus leben, aber guru-bhogīs sind; das heißt anstatt alles für guru-sevā aufzugeben, das Eigentum des Gurus für ihren Sinnesgenuss missbrauchen. Sie werden zweifellos für ihre Sünden leiden müssen."
Gurudeva schloss: "Die behütete Seele, die aufrichtig sādhana-bhajana praktiziert und der Anweisung ihres spirituellen Meisters folgt, wird nie von ihrer spirituellen Praxis abweichen, auch wenn sie viele Male geprüft wird. Wer jedoch unter dem Vorwand von bhajana seine Sinne genießt, wird vielen Schwierigkeiten ausgesetzt sein."
Die sādhus organisierte einen großen Protestmarsch zum Regierungssitz in Delhi, aber ihre Forderungen nach Gerechtigkeit wurden ignoriert. Später wurde ein Gesetz verabschiedet, welches besagte, dass sādhus sich staatlich registrieren lassen mussten, um unbehelligt zu bleiben. Die Politiker erklärten: "Rikschafahrer, Diebe und Kriminelle kleiden sich in Safran, tragen verfilzte Haare oder sind kahlgeschoren und betteln von Haus zu Haus. Sie geben sich als Heilige aus, verderben arglose Frauen und zeugen massenhaft uneheliche Kinder, mit fatalen Folgen für die Gesellschaft."
Die Regierung begann auch, eine Zollgebühr von jedem zu verlangen, der nach Vṛndāvana oder Govardhana wollte. Auf den Straßen wurden Kontrollpunkte eingerichtet und alle Besucher Vṛndāvanas mussten Zoll zahlen. Auch die besitzlosen sādhus wurden zur Kasse gebeten, bevor sie Vṛndāvana betreten durften. Wer dagegen verstieß, wurde festgehalten und zur Zahlung der Gebühr aufgefordert.
Die sādhus wurden wütend. Wo sollten sie Geld für Zollgebühren herbekommen? Sie beschwerten sich über die Situation bei Śrīla Gurudeva, der sich daraufhin mit hochrangigen Offiziellen traf. Schließlich reicht er eine Klage beim Magistrat ein und durch seinen Einfluss wurde die ungerechte Regelung aufgehoben und die Kontrollpunkte wurden geschlossen.
Für Sādhus waren jene Jahre eine harte Zeit. Es gab einmal einen älteren Schüler von Prabhupāda Sarasvatī Ṭhākura namens Govardhana Dāsa Bābājī, der nach Vraja kam, um bhajana auszuüben. Er lebte in einem alten Steinturm an einem abgelegenen ghāṭa an der Yamunā in Mathurā. Eines Abends wurde er von einer Bande örtlicher Diebe angegriffen, die ihn brutal schlugen, seine wenigen Sachen stahlen und ihn dann, nachdem sie ihn für tot hielten, in den Fluss warfen. Die Banditen in Vraja überfielen sādhus auf diese Weise, weil sie glaubten, dass diese Spenden von der Öffentlichkeit anhäuften.
Irgendwie blieb der Bābā am Leben. Er war mit dem Gesicht nach oben in einen flachen Teil der Yamunā geworfen worden und lag dort unbeweglich mit seinen Verletzungen. Es dauerte mehr als einen Tag, bis Govardhana dāsa Bābājī gefunden und in einem prekären Zustand aus dem Wasser genommen wurde. Seine Wunden und Prellungen waren infiziert und eiterten, und sein Körper war von Würmern und Insekten bedeckt. Śrīla Gurudeva wurde gerufen, und er veranlasste, dass Bābā ins Krankenhaus gebracht wurde. Sein ganzer Körper schien zu faulen, niemand wollte sich um ihn kümmern.
Śrīla Gurudeva rief nach einem seiner hingegebenen brahmacārīs. Als er kam, sagte Śrīla Gurudeva: "Kümmere dich um diesen sādhu, er ist Prabhupāda Sarasvatī Ṭhākuras Schüler. Hilf ihm."
Der Bābā war bewusstlos. Sein Körper war blass und Würmer saßen auf seinen Wunden. Der brahmacārī entfernte die Würmer und wusch seine Wunden mit Desinfektionsmitteln. Die Ärzte gaben ihm Medikamente und zahlreiche Spritzen, während der brahmacārī immer wieder die Wunden und seinen Körper reinigte. Bald kam Bābā zu sich und wurde schließlich wieder vollständig gesund.
Sobald es ihm wieder gut ging, kam er zu Śrīla Gurudeva in Keśavajī Gauḍīya Maṭha. "Durch deine Gnade habe ich ein neues Leben erhalten", sagte er. "Ich habe etwas Geld auf meinem Bankkonto, bitte nimm es an."
"Ich habe dir nicht aus Eigennutz gedient", sagte Gurudeva. "Versprich mir nur, dass du nicht zu diesem Turm zurückkehren wirst."
"Ich werde zurückgehen", sagte der Bābā mutig. "Wenn Kṛṣṇa es wünscht, kann Er mich töten."
"Bitte bleib hier im Tempel", bat Śrīla Gurudeva.
Aber trotz Gurudevas Wunsch kehrte Govardhana Dāsa Bābājī zu seinem früheren Wohnort zurück, nachdem er einige Zeit im Tempel geblieben war.
Zu jener Zeit war das Leben der sādhus schwierig. Die Leute dachten: "Warum sollten wir sādhus Geld geben? Sadhus sind reich."
Daher nahm Śrīla Gurudeva nie Geld von Menschen an, die nicht an bhakti interessiert waren. Die meisten Leute zweifelten am Charakter der sādhus und nur wenige Leute kamen in den Tempel.
Einmal besuchten wohlhabende Leute einen sādhu namens Gopāla Dāsa Bābājī, der bhajana in einer einfachen Hütte in Govardhana praktizierte. Sie brachten ihm Ehrerbietungen dar und boten ihm viele Geschenke an. Er nahm ihre Geschenke nicht an. Aber noch in der gleichen Nacht suchten ihn einige Räuber auf, die zu ihm sagten: "Du alter Scharlatan! Wir haben diese reichen Leute heute früh kommen sehen. Wie viel haben sie dir gegeben?"
"Ich habe nichts angenommen", sagte der Bābā. "Das tue ich nie. Manchmal nehme ich Räucherstäbchen und Ghee-Lampen an, um Girirāja zu verehren, aber nicht mehr als das."
Die Räuber glaubten dem armen Baba nicht. „Du lügst! Wir wissen genau, dass du durch deine geheucheltes Heiligsein jede Menge Reichtum angesammelt hast.“
Sie schlugen den Bābā so brutal, dass er starb, und warfen den Leichnam in einen verfallenen Brunnen. Danach zerstörten sie auf der Suche nach dem vermeintlichen Reichtum seine Hütte, fanden aber nichts. Einige der Verbrecher bereuten ihre Tat später und stellten sich der Polizei. "Wir haben einen unschuldigen Bābā getötet", gestanden sie. "Steckt uns ins Gefängnis. Wir sind bereit, für diese Sünde zu leiden." Doch die Polizei nahm sie nicht fest, sondern überließ ihren Fall dem Gericht Gottes. Später mussten die Täter als Ergebnis ihrer Sünden heftig leiden. Solche Personen sind große Frevler gegen Vraja.
Śrīla Gurudeva ging von Dorf zu Dorf und sprach zu den Leuten aus Vṛndāvana und Mathurā. Er warnte sie: "Lasst die Babajis in Ruhe! Sie sind hierhergekommen, um bhajana zu praktizieren. Ihr solltet diese Babajis unterstützen. Sie brauchen für ihren Lebensunterhalt nur eine kleine Menge an Mehl und Gemüse." Gurudeva änderte die Meinung vieler Menschen, die der Ansicht gewesen waren, Bābājīs und sādhus seien alle Betrüger und Diebe. Er schützte damit Vraja-Maṇḍala und die echten Vrajavāsīs. Śrīla Gurudeva begann, Bücher zu drucken, und als diese Bücher verteilt wurden, wuchs auch der Respekt der Leute vor den sādhus. Auf diese Weise wandelte Gurudeva das Wesen und das Denken der Menschen in Vraja-Maṇḍala.