Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja hielt sich während seiner weltweiten Reisen von 1975 bis 1977 immer wieder im Kṛṣṇa-Balarāma Tempel in Vṛndāvana auf. Wenn Śrīla Svāmī Mahārāja in Vṛndāvana war, besuchte Gurudeva ihn alle paar Tage. Śrīla Svāmī Mahārāja bat Gurudeva: „Ich bin inzwischen im fortgeschrittenen Alter und kann nicht mehr nach Mathurā. Bitte komm daher öfter hierher, um mich zu besuchen.“
Śrīla Svāmī Mahārāja sandte von Vṛndāvana aus ein Auto nach Mathurā mit der Bitte, Śrīla Gurudeva möge zu ihm kommen. Gurudeva blieb den größten Teil des Tages bei Śrīla Svāmī Mahārāja und kehrte abends zur Keśavajī Gauḍīya Maṭha zurück. Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja wohnte in einem kleinen Raum hinter dem Haupttempel mit seinen persönlichen Rādhā-Mādhava Deities. Tamāla Kṛṣṇa Mahārāja, Girirāja Mahārāja und andere dienten ihm. Śrīla Svāmī Mahārāja opferte das bhoga selbst und danach saßen er und Śrīla Gurudeva zusammen und ehrten das prasāda. Gurudeva sah es gern, wenn brahmacārīs das prasāda verteilten, und deshalb servierte ein gewisser brahmacārī aus Mathurā die Zubereitungen.
Śrīla Svāmī Mahārāja pflegte einfaches prasāda zu sich zu nehmen. Yamunā Mātājī, seine Köchin, bereitete ein flüssiges Pālak-Panir zu und servierte es mit Ghee-Puris, Tomaten-Chutney und einem Salat aus Tomate, Gurke und geriebenem Kohl mit Olivenöl und leichten Gewürzen. Śrīla Svāmī Mahārāja lebte einfach, er war wahrhaft entsagt. Śrīla Gurudeva besuchte den Kṛṣṇa-Balarāma-Tempel viele Male, aber er sah Śrīla Svāmī Mahārāja nie opulent essen. Für seine Deities waren die Zubereitungen jedoch immer aufwendig. Getrennte bhoga-Opferungen wurden Gaura-Nitāi, Kṛṣṇa-Baladeva und Rādhā-Śyāmasundara auf Silbertellern dargebracht. Nach der Opferung wurde das prasāda Śrīla Svāmī Mahārāja präsentiert. Er begutachtete alles, probierte das Eine oder Andere, nahm ein Tulasī-Blatt und gab das prasāda dann zur Verteilung an die Devotees zurück. Er selbst aß nur wenig: ein paar dünne Chapattis, eine Handvoll Basmatireis oder ein paar Ghee-Puris und ein oder zwei Sabjis.
Wenn Śrīla Gurudeva in Śrīla Svāmī Mahārājas Zimmer ging und mit ihm sprach, störte oder unterbrach sie niemand. Der brahmacārī aus Mathurā fächelte ihnen Luft zu und hörte ihrer Unterhaltung zu. Śrīla Svāmī Mahārāja ging manchmal auf seine Veranda hinaus und gab seinen Schülern darśana.
Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja sagte einmal zu Gurudeva: „In der Gauḍīya Maṭha legen sie heutzutage ihren Schwerpunkt mehr auf bhajana und nicht mehr so sehr auf das Predigen. Mahārāja, ich habe einen Wunsch. Viele Male habe ich dich gebeten, jetzt tue ich es wieder. Bitte komm und hilf mir, im Westen zu predigen. Ich bin allein und mein Körper wird schwächer. Früher konnte ich 18 oder 20 Stunden am Tag aktiv sein, Vorträge geben, Bücher schreiben und mich kümmern. Kṛṣṇa hat mir viele Dinge geschenkt, aber keinen aufrichtigen Freund und Helfer. Śrīla Prabhupāda ist bei mir und hat mir alles gegeben, aber ich wünsche mir einen gleichgesinnten Gefährten, der mein Herz kennt.“
„Mahārāja, was kann ich tun?“ antwortete Śrīla Gurudeva. „Ich bin von meinem Guru Mahārāja beauftragt worden, die Maṭha in Mathurā zu unterhalten und in Indien zu predigen. Mein Leben gehört seinem Dienst. Wenn er mich inspiriert, werde ich mich bemühen, deinen Wunsch zu erfüllen.“
„Dann überlass mir diesen Jungen“, sagte Śrīla Svāmī Mahārāja und wies auf den brahmacārī aus Mathurā. „Ich werde ihn nach Amerika mitnehmen.“
„Ich habe nur einen oder zwei wie ihn“, entgegnete Śrīla Gurudeva.
„Ich verliere alle Hoffnung“, klagte Śrīla Svāmī Mahārāja. „Wer wird meinen jungen Schülern helfen, wenn ich weggehe? Versprich mir, ihnen zu helfen!“
Śrīla Gurudeva versprach, auf jede erdenkliche Weise zu helfen. Dann fragte er Śrīla Svāmī Mahārāja: „Mahārāja, du hast überall gepredigt. Tausende haben ihr Leben geändert und den bhakti-Pfad begonnen. Wie wird es mit dieser bhakti-Bewegung im Kali-Yuga weitergehen?“
„Zehntausend Jahre lang wird diese Bewegung gedeihen“, erklärte Śrīla Svāmī Mahārāja. „Kali Mahārāja wird keine Störungen verursachen, er wird vielmehr dabei helfen.“
„Wie das, Mahārāja?“ fragte Gurudeva.
Was Śrīla Svāmī Mahārāja sprach, und wie er es sagte, hinterließ bei den Anwesenden einen bleibenden Eindruck. Er antwortete: „Dieses Kali-Yuga ist ein sehr gutes Zeitalter. Das Zeitalter des Kalis ist voller Fehler, und doch gibt es eine gute Eigenschaft, die alle Fehler überwiegt:
kaler doṣa-nidhe rājan
asti hy eko mahān guṇaḥ
kīrtanād eva kṛṣṇasya
mukta-saṅgaḥ paraṁ vrajet
Śrīmad-Bhāgavatam 12.3.51Śrīla Śukadeva Śukadeva Gosvāmī sagte: ‚Mein lieber König, dieses Kali-Zeitalter ist ein wahrer Ozean von Fehlern, aber dennoch besitzt es eine herausragende Eigenschaft: einfach indem man Śrī Kṛṣṇas Namen, Formen, Eigenschaften und Spiele in Gemeinschaft reiner Gottgeweihter lobpreist, wird man von den materiellen Fesseln befreit und erlangt die höchste Bestimmung ‒ das transzendentale Reich Vrajas.‘“
Beide, Śrīla Svāmī Mahārāja und Śrīla Gurudeva, weinten, als Śrīla Svāmī Mahārāja sprach. „Kṛṣṇa-kīrtana ist die mächtige rettende Eigenschaft des Kali-Yugas, die es zum besten Zeitalter macht. Überall, wo ich hinkam, chantete ich einfach kṛṣṇa-kīrtana und erinnerte mich an Śrīla Bhaktivinoda Ṭhākura und meinen Guru Mahārāja. Durch diesen kṛṣṇa-kīrtana kam sogar Kali Mahārāja und half mir. Im Kali-Yuga nehmen intelligente Menschen den Vorgang des kṛṣṇa-kīrtanas an. Mahāprabhu ist Kīrtana-Deva, der Herr des kīrtanas. Er brachte prema-nāma-saṅkīrtana aus Vraja. Wo immer ich hinkam, trug ich Mahāprabhu in meinem Herzen und sang kīrtana, und Mahāprabhu wandelte die Herzen der Menschen.“
Śrīla Svāmī Svāmī Mahārāja schloss seine Augen und chantete:
śrī-kṛṣṇa-caitanya prabhu nityānanda
śrī-advaita gadādhara śrīvāsādi-gaura-bhakta-vṛnda
hare kṛṣṇa hare kṛṣṇa kṛṣṇa kṛṣṇa hare hare
hare rāma hare rāma rāma rāma hare hare
Śrīla Bhaktivedānta Svāmī Mahārāja fuhr fort: „Haridāsa Ṭhākura sagte über harināma:
japile śrī-kṛṣṇa-nāma āpane se tare
ucca-saṅkīrtane para upakāra kareWenn man die Namen Kṛṣṇas leise chantetet, dann wird man befreit; chantetet man jedoch laut, so befreit man auch andere.
ataeva ucca kari’ kīrtana karile
śata-guṇa phala haya sarva-śāstre baleDeshalb heißt es in den Schriften, dass man durch lautes Chanten hundertmal mehr Nutzen erfährt.
japato hari-nāmāni sthāne śata-guṇādhikaḥ
ātmānaṁ ca punāty uccair japan śrotṛn punāti caWer die heiligen Namen des Herrn laut chantet, ist hundertmal glorreicher als derjenige, der leise chantet; denn diejenigen, die im Stillen chanten, läutern nur sich selbst, während diejenigen, die laut chanten, auch alle anderen reinigen, die es hören. (Caitanya Bhāgavata, Ādi-Kaṇḍa 16.281–283)
Māyāvādīs, Karmīs, Jñānīs und Yogīs chanten auch nāma-kīrtana, aber sie ergeben sich nicht vollständig Kṛṣṇa. Sie singen kīrtana, um berühmt und glücklich zu werden. Nur kṛṣṇa-kīrtana, der zu Kṛṣṇas Freude durchgeführt wird, ist echter kīrtana.
Mein Singen ist nicht so melodisch“, sagte Śrīla Svāmī Mahārāja, „dennoch habe ich allen beigebracht, kṛṣṇa-kīrtana zu chanten, und jetzt erklingt harināma-saṅkīrtana auf der ganzen Welt. Prema-nāma-saṅkīrtana ist der einzige Weg zur Vollkommenheit im Kali-Yuga. Ohne kīrtana ist es unmöglich, den Seelen zu helfen:
harer nāma harer nāma
harer nāmaiva kevalam
kalau nasty eva nasty eva
nasty eva gatir anyatha
Caitanya-Caritāmṛta, Adi-Līlā 17.21In diesem Zeitalter des Streits und der Heuchelei ist das einzige Mittel zur Befreiung das Chanten der Heiligen Namen, das Chanten der Heiligen Namen, das Chanten der Heiligen Namen des Herrn. Es gibt keinen anderen Weg! Es gibt keinen anderen Weg! Es gibt keinen anderen Weg!“
Śrīla Svāmī Mahārāja sagte: „Ich bin der Anweisung der Schriften gefolgt, kṛṣṇa-kīrtana zu chanten, daher gab es bei meinem Predigen nie Probleme. Wenn meine Schüler mit harināma-saṅkīrtana fortfahren, wird diese Bewegung für 10.000 Jahre fortbestehen. Nur wenn kīrtana aufhört, entstehen Schwierigkeiten.
Es ist eine Regel in meinen Tempeln, dass immer kīrtana stattfindet“, fuhr Śrīla Svāmī Mahārāja fort. „Es ist nicht schlimm, wenn jemand keinen arcana kennt, nicht richtig für die Deities kochen oder Sie ankleiden kann oder nicht weiß, wie man sich korrekt benimmt. Aber kīrtana ist essentiell. In der brāhma-muhūrta setze ich mich daher hin und lehre, wie man harināma chantet. Anfangs hatte ich keine mṛdaṅgas und karatālas, und auch niemanden, der sie spielen konnte, aber jetzt gibt es Tausende von mṛdaṅgas und karatalas, Tausende Devotees, die sie spielen, und Tausende von Menschen, die in den Straßen aller größeren Städte tanzen und singen.“
Nach diesem Treffen mit Śrīla Svāmī Mahārāja und nachdem er von ihm über die Verbreitung der saṅkīrtana-Bewegung gehört hatte, fühlte sich Śrīla Gurudeva vollauf zufrieden.