Der nächste Pil­gerort war Samud­ra­gaḍa. Dieser Ort ist mit dem Wald Kumu­da­vana in Vraja iden­tisch, in dem Kṛṣṇa mit den Gopīs den Nach­mittag ver­bringt. Hier durfte Samudra Sena Śrī Śrī Rādhā-Kṛṣṇas Mit­tag­spiele erblicken.

Im Dvāparā-Yuga lebte Samudra Sena an dem Ort, der heute Samud­ra­gaḍa genannt wird. Samudra Sena war glück­lich über das Pri­vileg, dass die Gaṅgā durch sein König­reich floss. Tau­sende Leute badeten täg­lich in der Gaṅgā, des­halb sorgte er für sau­bere Bade­stellen an ihrem Ufer, wo immer es nötig war. Er stellte auch sicher, dass es ruhige Wohn- und Ess­mög­lich­keiten für Sādhus gab, damit diese am Ufer der Gaṅgā bha­jana aus­führen konnten.

Samudra Sena dachte sich: „Aus eigener Kraft ist es mir nicht mög­lich, Bha­ga­vāns Auf­merk­sam­keit zu erwecken. Falls ich aber Seine geliebten Geweihten gefangen nehme, wird Er bestimmt kommen, um sie zu befreien, und auf diese Weise werde ich Seinen darśana, seinen Anblick, erhalten. Ich werde den Geweihten des Herrn dienen; so wird Bha­gavān sicher mit mir zufrieden sein.“

Es trug sich zu, dass das geweihte Pferd des Rājasūya-Opfers, wel­ches Mahārāja Yud­hiṣṭhiras durch­führte, durch Samudra Senas König­reich zog. Sol­daten folgten diesem Pferd, das von König­reich zu König­reich geführt wurde. Für die jewei­ligen Könige bedeu­tete dies, sich ent­weder Kaiser Yud­hiṣṭhira zu unter­werfen und Tribut zu zahlen oder aber das Pferd zu stoppen. In dem Fall, dass der König das Pferd stoppte, mussten die Sol­daten des Kai­sers mit ihm kämpfen und ihn besiegen, bevor das Rājasūya-Yajña durch­ge­führt werden konnte.

Als das Pferd in Samudra Senas König­reich ein­traf, dachte der König: „Dieses Pferd gehört den Pāṇḍavas. Sie sind die geliebten Geweihten Śrī Kṛṣṇas.“

Er beschloss, das Pferd auf­zu­halten, wel­ches er als einen Diener Bha­ga­vāns und seiner Geweihten ansah. „Wenn ich das Pferd auf­halte, werden die bhaktas kommen“, dachte er, „und den bhaktas wird Bha­gavān folgen.“

Nakula und Saha­deva, die dem Pferd folgten, waren erstaunt, zu sehen, dass Samudra Sena es nicht wei­ter­ziehen ließ. „Mahārāja“, sagten sie. „Sie sind nur der König eines kleinen Staates. Wider­stand ist nicht ratsam. Für Ihr eigenes Wohl ist es besser, wenn sie sich mit Mahārāja Yud­hiṣṭhira ver­bünden und ihm Tribut zahlen.“

Das werde ich nicht tun“, ant­wor­tete Samudra Sena.

Dann müssen wir mit ihnen kämpfen.“

Gewiss.“

Samudra Sena bezwang Nakula und Saha­deva mit Leich­tig­keit, ganz als ob sie kleine Kinder wären, und hielt sie in seinem Palast gefangen. Yud­hiṣṭhira sandte dann Bhīma aus, um fest­zu­stellen, wer dem Pferd Ein­halt gebot. Samudra Sena besiegte auch Bhīma und nahm ihn gefangen. Er speiste Bhīma mit so vielen Süßig­keiten und schmack­haften Speisen, dass es diesem gefiel, ein Gefan­gener des Königs zu sein. Arjuna kam als näch­ster, und auch ihn ereilte das gleiche Schicksal wie Nakula, Saha­deva und Bhīma.

Dar­aufhin kam Yud­hiṣṭhira selbst, doch Samudra Sena besiegte auch ihn. Schließ­lich musste Kṛṣṇa per­sön­lich erscheinen, um die Ange­le­gen­heit zu klären. Samudra Sena hielt die Pāṇḍavas nur in Gefan­gen­schaft, um darśana von Śrī Kṛṣṇa zu erlangen. Als Kṛṣṇa kam, wusch der König Seine Lotosfüße, ver­ehrte Ihn mit ārati und brachte ihm köst­liche Speisen dar. So konnte Samudra Sena dem Herrn in seinem Palast nach Her­zens­wunsch dienen. Wäre er nach Dvārakā gekommen, um den Herrn dort zu sehen und Ihm dort zu dienen, wären seine Wün­sche nicht erfüllt worden.

Warum hast du das Pferd ange­halten und die Pāṇḍavas gefangen genommen?“, fragte Kṛṣṇa.

Du gewährst mir nie deinen Anblick“, ent­geg­nete Samudra Sena. „Unbe­deu­tenden Geweihten wie mir erweist Du keine Barm­her­zig­keit. Ich musste erst Deine bhaktas ein­sperren, um Dich sehen zu dürfen und zu lernen, wie man Dir per­sön­lich dient. Du bist der enge Freund der Pāṇḍavas. Wir anderen Gott­ge­weihten sind im Ver­gleich mit ihnen wie Zwerge und Deiner Gesell­schaft beraubt. Ver­sprich mir bitte, dass Du mich und alle anderen deiner Geweihten nicht ver­nach­läs­sigst. Nur dann werde ich die Pāṇḍavas befreien und das Pferd ziehen lassen. Anson­sten muss ich auch mit Dir kämpfen.“

Die Pāṇḍavas sind sicher­lich Meine ver­trauten Freunde”, lachte Kṛṣṇa, „aber auch du bist Mir sehr nah und lieb. Du hast Mich erfreut und Ich gebe Dir die Seg­nung, dass jeder, der sich an diese Bege­ben­heit erin­nert oder sich hier an diesem Ort ver­neigt, von māyā befreit werden und reine Liebe zu Mir erlangen wird.“

Der König und seine Familie brachten dar­aufhin ihre Ehr­erbie­tungen dar und gaben den Pāṇḍavas das geweihte Pferd zurück.

Samudra Sena begab sich nicht nach Dvārakā oder Hastinā­pura, um Kṛṣṇa dort zu begegnen. Er wusste, dass er zuerst eine Bezie­hung zu denen auf­bauen musste, die Kṛṣṇa lieb sind, bevor er die Audienz des Herrn erlangen konnte. Er nahm darum die Pāṇḍavas gefangen, damit er ihnen dienen und somit Kṛṣṇa erfreuen konnte. In dieser Bege­ben­heit sehen wir, dass die Pāṇḍavas nicht die ein­zigen sind, die Kṛṣṇa lieb sind. In der Gefan­gen­schaft Samudra Senas waren die Pāṇḍavas mit seinem Dienst und seiner Gast­freund­schaft so zufrieden, dass sie keinen Wunsch ver­spürten, ihn zu ver­lassen. Zuvor war Samudra Sena untröst­lich gewesen. Er hatte gedacht: „Wel­chen Nutzen hat dieser Palast und dieses König­reich, wenn Śrī Kṛṣṇa mit mir nicht zufrieden ist und mir Seinen darśana nicht gewährt? Wel­chen Nutzen hat mein Leben?“ Dank seiner Hin­gabe, Intel­li­genz und Stärke erlangte Samudra Sena schließ­lich Śrī Kṛṣṇas darśana.

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