Zei­chen des Abschieds 

Nach Śrīla Guru­devas Begeg­nung mit den Vaiṣṇavas der Gauḍīya-Sampradāya zog es sein Herz mehr und mehr zum tran­szen­den­talen Pfad hin. Er begann, täg­lich 100 000 hei­ligen Namen zu chanten, und verlor all­mäh­lich sein Inter­esse am Fami­li­en­leben. Er dachte dar­über nach, seine Stelle als Poli­zei­kom­missar zu kün­digen, seine Familie zu ver­lassen und in die Maṭha Śrīla Bhak­ti­pra­j­ñāna Keśava Gos­vāmī Mahārājas zu ziehen. Er dachte oft an die Pro­phe­zeiung des Yogīs im Wald. Ständig chan­tete er die Namen Gaura-Nitāi und Rādhā-Kṛṣṇa. Seine Arbeit hielt ihn beschäf­tigt, aber er war­tete sehn­süchtig auf eine Gele­gen­heit, nach Nav­ad­vīpa zu kommen.

Śrīla Guru­devas Haupt­dienst­stelle befand sich in Patnā, der Lan­des­haupt­stadt Bihars. Von dort aus wurden ihm ver­schie­dene Ein­sätze zuge­wiesen. Einmal erwar­tete man den bri­ti­schen Vize­könig aus Kal­kutta in der Dienst­stelle in Patnā, um eine wich­tige Akte für ein Gerichts­ver­fahren in Eng­land abzu­holen. Der Fall war ursprüng­lich in Indien ver­folgt, dann aber nach Eng­land über­tragen worden.

Die Beamten der Dienst­stelle rannten auf­ge­regt im Haus hin und her, denn nie­mand wusste, wo die fünf­zehn Jahre alte Akte zu finden war. Der Vize­könig war als tyran­nisch bekannt. Er pflegte jeden Staats­be­amten, dem ein kleiner Fehler unter­lief, zu kün­digen oder zu maßregeln.

Die Kol­legen aus Patnā wandten sich an Śrīla Guru­deva um Hilfe: „Tiwa­rijī, wir wissen, dass sie Kom­missar und die meiste Zeit unter­wegs sind, aber bitte helfen sie uns trotzdem, die Akte zu finden. Der Vize­könig kommt und wir werden bestraft, wenn wir sie nicht finden. Die Schränke sind voll mit unzäh­ligen Akten und wir haben nicht die Spur einer Ahnung, wo wir suchen sollen.“

Es ist nicht meine Abtei­lung“, wandte Guru­deva ein, „wie soll ich sie finden?“

Kommen Sie ein­fach und helfen beim Suchen. Das wird die anderen ermutigen.“

Blass vor Angst, schauten die Poli­zi­sten ver­zwei­felt auf Guru­deva. Guru­deva chan­tete gerade in seinem Büro und ant­wor­tete: „Ich muss erst diese Runde harināma beenden, dann komme ich.“

Die Kol­legen fügten sich und Guru­deva legte als­bald seine japa-māla zur Seite und betrat das große Archiv, in dem die Akten gesta­pelt waren. Er sagte: „Habt ihr kein Ver­trauen in Bha­gavān? Warum fürchtet ihr euch und ver­steckt euch wie Mäuse in eurem Loch? Chantet mit mir: „Jaya Sītā-Rāma, Jaya Sītā-Rāma!“

Jeder begann zu chanten und zu Śrī Rāma zu beten. Der Vize­könig konnte jeden Augen­blick ohne Ankün­di­gung ein­treffen, darum baten die Kol­legen Śrīla Guru­deva: „Sie haben Hin­gabe und Ver­trauen in Śrī Rāma. Bitte beten Sie, dass die Akte auf­taucht. Wenn wir sie nicht finden, werden wir ent­lassen oder sogar ein­ge­sperrt. Retten Sie uns!“

So wie­der­holt gebeten, sagte Guru­deva: „Ich werde die Akte finden. Ich schließe jetzt meine Augen und gehe zu einem Schrank. Mit der Kraft Rāmas werde ich eine Schub­lade öffnen, und die erste Akte, die ich berühre, wird die­je­nige sein, die ihr sucht.“

Guru­deva schloss seine Augen, drehte sich im Kreis und ging dann mit aus­ge­streckten Armen „Jaya Sītā-Rāma! Jaya Sītā-Rāma!“ chan­tend voran. Alle Poli­zi­sten folgten hinter ihm und chan­teten mit. Als er auf einen Schrank stieß, öff­nete er ihn und zog eine Akte heraus. Er öff­nete seine Augen und zeigte sie seinen Kol­legen: „Ist sie das?“

Sie über­prüften die Akte und riefen begei­stert: „Ja! Das ist sie!“. Jubelnd umarmten sie Guru­deva: „Seit Tagen suchen wir dieses Doku­ment und haben schon alle Hoff­nung auf­ge­geben, aber Sie haben uns gerettet!“

Bald traf der Vize­könig mit seinem Gefolge ein. Aus Angst traute sich nie­mand, die Auf­gabe zu über­nehmen, ihn zu begrüßen und mit ihm zu spre­chen. Guru­deva trug die weiße Uni­form der bri­ti­schen Offi­ziere, er war kräftig, hübsch und hoch­ge­wachsen und hatte blaue Augen wie ein Euro­päer. Wegen seines respek­ta­blen Äußeren drängten die indi­schen Poli­zi­sten ihn, die Akte zu über­geben. Er emp­fing den Vize­könig und sie schüt­telten Hände. Der Vize­könig stellte einige Fragen, die Guru­deva selbst­be­wusst beant­wor­tete. Der Vize­könig sah, dass Guru­deva intel­li­gent und furchtlos war. Er sagte: „Ich habe von Ihnen gehört. Es wird berichtet, dass Sie gute Arbeit leisten.“

Der bri­ti­sche Vize­könig beför­derte Śrīla Guru­deva zu einem der hoch­ran­gig­sten Poli­zei­be­amten Ben­ga­lens, Bihars und Orissas. Guru­deva aber dachte ent­täuscht: „Ich will keine Beför­de­rung von Aus­län­dern, die mein Land unterdrücken.“

Zu jener Zeit kämpften Gāndhī und Sub­hash Candra Bose gegen die bri­ti­sche Fremd­herr­schaft. In ganz Indien waren die Men­schen im Auf­ruhr. Gāndhī star­tete einen Boy­kott gegen Salz und eng­li­sche Tex­til­waren. Inder im ganzen Land lehnten bri­ti­sche Waren ab. Sie kochten mit Meer­salz oder Stein­salz und trugen nur Baum­woll­klei­dung, die in Indien auf tra­di­tio­nelle Weise gewebt worden war.

Bald nach seiner Beför­de­rung wurde Guru­deva ange­wiesen, als ver­deckter Ermittler eine Gruppe indi­scher Auf­stän­di­scher zu ent­tarnen, die mit Gue­ril­la­taktik Anschläge auf bri­ti­sche Sol­daten und Regie­rungs­ge­bäude ver­übten. Guru­devas Super­in­ten­dent wies ihn in den Fall ein und beauf­tragte ihn: „Finden Sie heraus, wo sich die Ter­ro­ri­sten auf­halten. Erstatten Sie Mel­dung, sobald Sie sie gefunden haben, dann schicken wir Truppen, um sie zu verhaften.“

Śrīla Guru­deva lag wenig daran, gegen seine eigenen Lands­leute vor­zu­gehen, und er ent­schloss sich, den Ein­satz zu ver­wei­gern, selbst wenn er dafür selbst ins Gefängnis musste. Er blieb für eine Woche zu Hause und betete zu Kṛṣṇa und Rāma, von seiner mate­ri­ellen Ver­strickung frei zu werden. Seit der ersten Begeg­nung mit den Gauḍīya-Vaiṣṇavas war Los­lö­sung vom mate­ri­ellen Leben in ihm erwacht.

Nach sieben Tagen kehrte Guru­deva zu seiner Dienst­stelle zurück. Er wollte seinen Dienst als Poli­zei­kom­missar quit­tieren und erwar­tete strenge Bestra­fung. Zu seiner Über­ra­schung aber gra­tu­lierte ihm der Leut­nant: „Groß­ar­tige Arbeit. Die Ope­ra­tion war erfolg­reich und die Straf­täter sind verhaftet.“

Ver­wun­dert, dies zu hören, sagte Guru­deva: „Eigent­lich bin ich gekommen, um meine Kün­di­gung einzureichen“.

Der Leut­nant lachte ver­blüfft: „Warum wollen sie denn kün­digen? Ihre Arbeit ist tadellos, Sie sind eine Stütze der Truppe. Ich werde ihre Kün­di­gung nicht annehmen.“

Śrīla Guru­deva medi­tierte über das unbe­greif­liche gött­liche Spiel und betrach­tete dieses Wunder als ein wei­teres Zei­chen, dass er seine mate­ri­ellen Pflichten auf­geben und sein Leben dem Dienst Bha­ga­vāns weihen sollte. In der Gītā (9.22) sagt Kṛṣṇa: „Denen, die Mich mit aus­schließ­li­cher Hin­gabe ver­ehren und immer in Gedanken an Mich ver­tieft sind, gebe Ich, was sie brau­chen und erhalte, was sie haben.“

Weil die bri­ti­sche Admi­ni­stra­tion seine Kün­di­gung ablehnte, arbei­tete Śrīla Guru­deva weiter als Kom­missar und reiste zu Ein­sätzen nach Bihar, Ben­galen und Orissa. Zum Leid­wesen seiner Familie wurden seine Besuche zu Hause sel­tener und sel­tener. Guru­deva erle­digte seine Pflichten ver­ant­wor­tungs­voll, aber sein Geist weilte bei Gaura-Nitāi und Nav­ad­vīpa. In dem Maße, in dem sein Wunsch anwuchs, über Cai­tanya Mahāprabhus Leben zu lesen, ließ sein Inter­esse am Rāmāyaṇa nach. Es war, als ob ihn Cai­tanya Mahāprabhu und Nity­ān­anda Prabhu nach Navadvīpa-Dhāma zogen: „Warum bist du noch zuhause? Komm! Komm bald!“

Bei einem Besuch in Tiwa­ripur traf Guru­deva einen Gauḍīya-Vaiṣṇava-Mönch aus Vṛn­dā­vana. Guru­deva unter­hielt sich mit ihm über Mahāprabhu und gestand ihm seinen Wunsch, über Mahāprabhus Leben zu lesen. Der Vaiṣṇava bot Guru­deva ein Set von fünf Hindi-Büchern über das Leben Mahāprabhus an, das Caitanya-Līlāmṛta-Laharī. Guru­deva war dar­über hoch­er­freut und gab dem Vaiṣṇava eine große Spende. Angetan von Guru­devas Auf­rich­tig­keit und Dienst­hal­tung, lud der Vaiṣṇava ihn nach Vṛn­dā­vana, bevor er mit mis­sio­na­ri­schen Pflichten weiterreiste.

Einige Tage später erreichte Śrīla Guru­deva ein Brief, der von Śrīla Bhak­ti­pra­j­ñāna Keśava Gos­vāmī Mahārāja in eng­li­scher Sprache ver­fasst war. Der Brief begann mit: „Mein lieb­ster Nārāyaṇa.“ Śrīla Guru­deva war erstaunt. „Er nennt mich ‚Mein lieb­ster‘?“ Er las den Brief und sog jedes ein­zelne Wort in sich auf. Seine Ant­wort an Śrīla Bhak­ti­pra­j­ñāna Keśava Gos­vāmī Mahārāja adres­sierte er mit: „Lieber Guru­deva“. Auch Ācārya Kesarī war über­rascht: „Er nennt mich Guru­deva!“ Dann sandte er ihm ein Ant­wort­schreiben mit einer Ein­la­dung zum Navadvīpa-Dhāma-Parikramā, der Pil­ger­fahrt, die jedes Jahr eine Woche vor dem Erscheinen Mahāprabhus durch das Gebiet von Nav­ad­vīpa führt.

Gurudeva receiving letterParamgurudevaGuru­deva dachte: „Wie schade. Wie kann ich nach Nav­ad­vīpa fahren? Das Mini­ste­rium wird es mir nicht erlauben.“

Man schrieb das 1946, und Indien durch­lebte die Wirren der Revo­lu­tion und der Tei­lung, wäh­rend es sich von jahr­hun­der­te­langer bri­ti­scher Fremd­herr­schaft los­riss. Śrīla Guru­deva war bedrückt, als er mit­er­leben musste, wie die­selbe Regie­rung, in diesen Zeiten der tiefen Spal­tung träge in ihren sicheren könig­li­chen Höfen saß, ihm befahl, den Auf­stand niederzuschlagen.

Schweren Her­zens blieb Guru­deva seiner Arbeit fern und fuhr nach Hause. Seine Familie war besorgt: „Was wird geschehen, wenn Śrīman Nārāyaṇa der Regie­rung den Gehorsam ver­wei­gert?“ Aber Dhy­āna­candra Tiwari war über seinen Enkel­sohn erfreut und ent­geg­nete: „Wozu soll es gut sein, gegen das eigene Volk zu kämpfen? Es wäre besser, sich der Revo­lu­tion anzu­schließen und für einen guten Zweck zu sterben, als eine scheuß­liche Sache zu unterstützen.“

Śrīla Guru­devas Vor­ge­setzter kam nach Tiwa­ripur und ver­suchte, ihn zu über­zeugen, seine Arbeit wie­der­auf­zu­nehmen, bot ihm sogar einen noch höheren Posten und mehr Gehalt an. Guru­deva ant­wor­tete, dass er das Angebot über­denken würde, aber eigent­lich über­legte er, wie er am besten seiner mate­ri­ellen Ver­strickung ent­kommen konnte, und betete zu Mahāprabhu um Befreiung.

Zu seiner freu­digen Über­ra­schung erhielt er eine Nach­richt von Ācārya Kesarī: „Mein lieber Nārāyaṇa Tiwa­rijī, warum hältst du am saṁsāra fest? Glaubst du, dass dich das glück­lich machen wird? Kannst du deine Familie oder dein Geld zur Zeit deines Todes mit dir nehmen? Wir sorgen uns um dich. Lass rasch alles zurück und komm nach Navadvīpa.“

Rūpa Gos­vāmī hatte einst einen Brief an seinen Bruder, Sanātana Gos­vāmī, geschickt, in dem er ihn ermu­tigte, Rāma­keli zu ver­lassen und nach Vṛn­dā­vana zu kommen. In diesem Brief schrieb er:

yadu-pateḥ kva gatā mathurā-purī
raghu-pateḥ kva gatottara-kośalā
iti vic­intya kurusva manaḥ sthiraṁ
na sad idaṁ jagad ity avadhāraya
Śrī Cai­tanya Caritāmṛta
, Madhya-Līlā 20.3

Wo ist Yadu­patis Mathurā-Purī heute? Wo Rag­hu­patis nörd­li­ches Kośalā? Werde dir dar­über klar: Diese Welt ist nicht ewig.

In ähn­li­cher Weise schrieb Ācārya Kesarī an Guru­deva und rief ihn zu sich nach Nav­ad­vīpa. Er zitierte zwei Verse:

nity­ārt­idena vittena
durlabhenātma-mṛtyunā
gṛhāpatyāpta-paśubhiḥ
kā prītiḥ sād­hi­taiś calaiḥ
Śrīmad-Bhāgavatam
11.3.19

Geld ist eine end­lose Quelle des Leids. Es ist schwierig zu erwerben und im Grunde der Tod für die Seele. Welche Erfül­lung gibt Geld? Und wel­ches dau­er­hafte wahre Glück geben Kinder und Ver­wandte, Haus und Vieh, die von diesem schwer­ver­dienten Geld erhalten werden?

nāsato vidyate bhāvo
nāb­hāvo vidyate sataḥ
ubhayor api dṛṣṭo ‘ntas
tv anayos tattva-darśibhiḥ
Bhagavad-Gītā
2.16

Das Wan­del­bare ist weder ewig noch wahr. Das Wahre dagegen wan­delt sich nie und ver­geht auch nie. Die weisen Seher kamen nach reif­li­cher Über­le­gung zu diesem Schluss.

Śrīla Guru­deva las diesen Brief und war berührt von Śrīla Keśava Gos­vāmī Mahārājas offen­sicht­li­cher Zunei­gung. Er fasste den Ent­schluss, zu kün­digen und seine Familie zu ver­lassen. Es war der Herbst des Jahres 1946. Guru­deva dachte: „Ich opfere mich sinnlos für die Regie­rung auf. Statt­dessen werde ich Gottes Liebe auf der Welt ver­teilen. Zu Hause diene ich ein paar Fami­li­en­an­ge­hö­rigen, im āśrama dagegen werde ich der ganzen Mensch­heit dienen können, indem ich ihnen den Weg auf­zeige, das höchste Glück erreichen.“

Wei­sen­kinder leiden, weil nie­mand sich um sie küm­mert. Gott ist der lie­bende Vater aller Seelen, aber wir haben Ihn ver­gessen und sind der Illu­sion anheim­ge­fallen. Darum suchen wir nun Glück in zeit­wei­ligen Bezie­hungen zu anderen bedingten Seelen, doch diese Art Glück löst sich letzt­lich in Nichts auf. Śrīla Guru­deva kannte diese Wahr­heit schon als Kind. Jetzt, nachdem er sādhus getroffen hatte, die reine Liebe auf der Welt ver­teilten, wurde er sehr erfreut und begierig, sich ihrer Mis­sion anzu­schließen. Reine sādhus ver­teilen nicht nur Essen, Medizin, oder Klei­dung, denn diese Dinge sind zeit­weilig. Sādhus geben Nah­rung für die Seele ‒ reine Liebe zu Gott.

Diese Nacht träumte Guru­deva von Nity­ān­anda Prabhu. Dieser ergriff Guru­devas Hand und sprach zu ihm: „Sorge dich nicht. Du wirst auf keine Hin­der­nisse mehr stoßen. Komm mit Mir, bleib nicht länger hier.“

An näch­sten Tag fuhr Śrīla Guru­deva zu seiner Dienst­stelle und bat erneut um seine Ent­las­sung aus dem Staats­dienst. „Warum wollen sie auf­hören?“ fragte sein Vor­ge­setzter. „Sie haben eine große Zukunft vor sich. Sie sind einer der füh­renden Poli­zi­sten Bihars.“

Ich möchte ein Busi­ness beginnen“, ant­wor­tete Śrīla Gurudeva.

Was für ein Busi­ness haben Sie geplant?“

Eines, das nur Gewinn abwirft.“

Der Super­in­ten­dent war erstaunt über die Ent­schlos­sen­heit des jungen Mannes, seinen hohen Posten los­zu­werden. Er wollte ihn nicht ziehen lassen, aber er über­legte auch, dass es unklug wäre, ihn zu zwingen, denn so ent­schieden, wie Nārāyaṇa Tiwari war, würde dies nur dazu führen, dass er seinen Dienst lustlos ver­richten würde. Nach wie­der­holtem Bitten wurde Śrīla Guru­deva also schließ­lich seines Treue­eides für das Regime ent­hoben. Er war sich bewusst, dass dies Kṛṣṇas Seg­nung bedeu­tete und ver­ließ frohen Mutes seinen Posten im geho­benen Staats­dienst. Er kehrte für einige Tage nach Tiwa­ripur zurück und erzählte seiner Familie, dass er beur­laubt war. Er dachte dar­über nach, wie er seine Familie ver­lassen und sich der Mis­sion Śrīla Keśava Gos­vāmī Mahārājas anschließen konnte.

Eines Mor­gens im Winter 1946 ver­ließ Śrīla Guru­deva sein Haus und ging die Straße zum Buxarer Bahnhof her­unter. Einen Kilo­meter von seinem Haus ent­fernt setzte er sich unter einen Baum und über­legte, ob er sofort abreisen sollte. Unent­schlossen ging er wieder zurück zu seinem Haus und ver­brachte den Tag wie gewohnt. Dies wie­der­holte sich für einige Tage, bis er eines Mor­gens, wäh­rend er unter dem Baum saß und der Tag langsam anbrach, aus hei­terem Himmel eine Stimme hörte: „Das ist deine letzte Chance. Wenn du jetzt für bhagavad-bhajana gehst, wirst du nicht mehr zurück­kommen. Falls du weiter zögerst, wirst du den Ketten des Fami­li­en­le­bens nie entrinnen.“

Guru­deva schaute sich um. Er war allein. Er stand resolut auf und ging zum Buxarer Bahnhof, wo er auf einen Freund traf, der dort arbei­tete. Dieser fragte: „Tiwa­rijī, wo willst du denn hin?“

Mache dir keine Sorgen, Bruder, ich muss noch etwas Wich­tiges erle­digen.“ Nachdem er auf der ört­li­chen Post einen Brief an seinen Vater auf­ge­geben hatte, bestieg er den Zug nach Navadvīpa-Dhāma.

Am Vor­mittag fiel den Tiwaris Śrīman Nārāyaṇa unge­wöhn­lich lange Abwe­sen­heit auf, und sie begannen besorgt nach ihm zu suchen. Als später am Tag der Brief von ihm ein­traf, ver­sam­melte sich die ganze Familie, um den Inhalt zu hören. Paṇḍita Tiwari las laut vor:

Lieber Vater, ich bringe dir meine respekt­vollen Ehr­erbie­tungen dar. Ich habe das Zuhause ver­lassen, um mich dem bha­gavad-bha­jana zu ver­schreiben. Bitte ver­sucht nicht, mich zu finden.“

Paṇḍita Tiwaris Stimme stockte und Lakṣmī­devī begann laut zu weinen. Paṇḍita Tiwa­riji rang um Fas­sung und fuhr fort, zu lesen: „Es gibt viele Geschwi­stern in der Familie, die sich um alles küm­mern werden. Kann man mir etwas vor­werfen, wenn ich nach Bha­gavān suchen möchte? Kann daran etwas falsch sein? Bitte richte Mutter und dem Rest der Familie mein Bedauern und meine Bitte um Ver­zei­hung aus, dass ich diese Stö­rung in ihrem Leben ver­ur­sache. Bitte ver­gebt mir.“

Der Brief ent­glitt Paṇḍita Tiwaris Händen und er sank zu Boden. Die Frauen in der Familie weinten ver­zwei­felt, wäh­rend die Männer wie betäubt dastanden. Śrīla Guru­deva war das Licht ihres Hauses. Die Neu­ig­keit ver­brei­tete sich wie ein Lauf­feuer in Tiwa­ripur und in den nahe­ge­le­genen Dör­fern wie auch an Guru­devas Arbeits­platz. Jeder war geschockt. Keiner konnte glauben, dass ein so hoch­ge­stellter brāh­maṇa aus bekannter Familie, wohl­ha­bend, ein Spit­zen­be­amter und Lan­des­mei­ster im Sport, jemals sein welt­li­ches Leben auf­geben könnte. Er besaß alles, aber ließ es ohne die Spur einer Anhaf­tung zurück.

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