Ruhm und Ehre sei Śrī Guru Dem safrangetränkten Herzen Gottes Gesandt mit dem Licht der Liebe Die Seelen zu erheben aus der Nacht Auf den Flügeln der Gnade
Betrachten wir ein Gemälde des Abendhimmels, setzen wir selbstverständlich einen Maler voraus. Was aber ist mit der multidimensionalen Schönheit der Welt, die uns umgibt? Wer sind wir? Warum sind wir hier? Die Überlegenheit des Menschen über das Tier liegt in der Fähigkeit, nach der Wahrheit über das Sein zu forschen. Zahllose Suchende zu allen Zeiten stellten sich solche Fragen. Die Suche der meisten endete in Verwirrung, andere konstruierten sich ihr eigenes Bild ihrer wahrgenommenen Realität. So entstanden die unzähligen philosophischen Schulen, die wir heute in der Welt finden.
Auf dem üppigen Marktplatz der Ideen kann man leicht verwirrt werden, welchen Glauben man erwerben sollte. Manche sagen, dass letztlich jeder Gott sei. Aber dann stellt sich die Frage: „Wenn wir Gott sind, warum müssen wir leiden? Warum können wir die Realität nicht kontrollieren?“ Ein solch kraftloser Gott würde seiner Definition als allmächtiges Wesen spotten. Andere behaupten, dass Gott nur ein Geschöpf unseres primitiven Geistes sei, dennoch aber sind die Wissenschaftler trotz ihrer zahlreichen physikalischen Gesetze und Theorien nicht imstande, eine eindeutige Erklärung über die Ursache des Lebens zu geben. Weiter gibt es jene, die erklären, dass Gott ein losgelöster Beobachter sei, wie ein Uhrmacher, der nicht mit seiner Schöpfung interagieren kann. Und wieder andere sagen, dass es überhaupt keine Wirklichkeit gibt, sondern dass alles nur Illusion sei. Viele werden enttäuscht in ihrer Suche nach der Wahrheit, weil sie keine Antworten auf ihre Fragen finden. Als ob sie nach einer Nadel in einem unendlichen Heuhaufen suchen, lehnen sie alles ab: „Das ist es nicht. Das ist es auch nicht.“ Schließlich verneinen sie den Sinn von allem und jedem, ohne zu verstehen, dass das, was sie suchen, nicht verschieden von dem Heu ist, welches sie achtlos beiseite werfen.
Nichts kann außerhalb der Absoluten Wahrheit existieren. In der Tat, nichts kann nichts sein, denn würde das Nichts existieren, wäre es zwangsläufig schon etwas. Wie können wir das Relative vom Absoluten unterscheiden? Vom ersten bis zum letzten Atemzug suchen wir nach dauerhaftem Glück und dauerhafter Liebe, doch letztlich scheitern wir an Vergänglichkeit unserer menschlichen Existenz. Die Seelen, die im Meer der Relativität ertrinken, können nicht hoffen, die Ufer der ewigen Wahrheit zu erreichen ‒ es sei denn, ein kundiger Führer aus jenem Land leitet sie.
In der Sanskrit-Sprache der Veden wird solcher Führer Guru genannt. Der Guru ist derjenige, der die Seelen mit der Fackel göttlichen Wissens aus der furchterregenden Dunkelheit der Unwissenheit im vergänglichen Dasein zur glückseligen Realität des Selbst in einer liebenden Beziehung zu Gott führt. Neuerdings wird das Wort Guru dafür missbraucht, einen Experten auf einem bestimmten Gebiet zu benennen. Die meisten dieser Gurus allerdings führen ihre Nachfolger tiefer in Unwissenheit, nämlich in eine noch stärkere Verhaftung mit dem materiellen Leben. Ein wahrer Guru übernimmt Verantwortung für den spirituellen Fortschritt der Seele, indem er die Anhaftung an die Objekte dieser Welt in eine liebevolle Anhaftung an Gott umwandelt.
Śrī Guru ist mit all der spirituellen Kraft der Göttlichen Energie ausgestattet. Śrī bedeutet Schönheit oder Glück. Die Menschen suchen nach Schönheit und Glück, aber in den vergänglichen Dingen. Immerwährende śrī findet Sich nur bei Ihrem Besitzer, dem Höchsten Herrn, den man im Sanskrit als Bhagavān bezeichnet. Bhagavān ist derjenige, der die sechs Füllen: Schönheit, Reichtum, Macht, Ruhm, Wissen und Entsagung, in vollkommenen Maße besitzt. Diese sechs Füllen sind die Energie Gottes. Feuer kann man nicht von seiner Hitze und seinem Leuchten trennen, denn beide Eigenschaften sind Energien des Feuers, während das Feuer der Ursprung dieser Energien ist. In ähnlicher Weise ist Bhagavān der Ursprung aller Energie und śrī ist Seine untrennbare göttliche Kraft und Sein weibliches Ebenbild. Die absolute und höchste Form Bhagavāns ist Kṛṣṇa, die allanziehende Quelle aller Liebe und Lieblichkeit. Er residiert in Vraja, dem höchsten spirituellen Reich, wo Er liebevolle Spiele mit Śrīmatī Rādhārāṇī genießt, der Verkörperung göttlicher Kraft und Quelle aller Liebe, aller Schönheit und allen Glücks. Rādhā-Kṛṣṇa existieren zum einen in zwei getrennten Formen, um Sie sich in liebenden Spielen auszutauschen, und zum anderen in einer gemeinsamen Form als Caitanya Mahāprabhu, um die Tiefe göttlicher Liebe noch weiter zu kosten und sie an andere zu verteilen. Rādhā-Kṛṣṇa schicken die Erweiterungen Ihrer Barmherzigkeit, bekannt als Śrī Guru, in diese Welt, um die abtrünnigen Seelen durch einen Geschmack an der göttlichen Liebe zu sich hinzuziehen. Śrī Guru ist somit die Inkarnation von Rādhā-Kṛṣṇas Gnade in dieser Welt.
Das Wort darśana bedeutet „Offenbarung“. Dieses Buch, Śrī Guru-Darśana, offenbart uns das Leben Śrīla Bhaktivedānta Nārāyaṇa Gosvāmī Mahārājas, des ewigen, aus Vraja gesandten Gefährten Rādhā-Kṛṣṇas, und es offenbart uns auch die Lehren, die er dieser Welt überbrachte. Śrīla Bhaktivedānta Nārāyaṇa Gosvāmī Mahārāja ist Teil in einer ununterbrochenen Nachfolge göttlicher Meistern, die vom Höchsten Herrn selbst, dem ursprünglichen göttlichen Meister, ausgeht. Eine solche spirituelle Schülernachfolge wird von allen religiösen Autoritäten in Indien als die Grundvoraussetzung für einen echten Guru angesehen. Śrīla Bhaktivedānta Nārāyaṇa Gosvāmī Mahārāja, als Śrīla Gurudeva bekannt, verkörperte alle Eigenschaften eines echten Gurus, wie sie in den Veden beschrieben werden, im höchstem Maße. Für fünf Jahrzehnte diente er der Mission seines spirituellen Meisters in Indien. Nachdem er die Lehren seines Meisters vollständig verinnerlicht hatte, reiste er dann 31mal um die Welt und erfüllte den Herzenswunsch seiner guru-varga (der Schülernachfolge selbstverwirklichter Meister), indem er die Botschaft göttlicher Liebe zu Kṛṣṇa weithin verbreitete.
Śrīla Gurudeva hinterließ uns ein Vermächtnis von unschätzbarem Wert in Form der zahlreichen Bücher, die er veröffentlichte. In gleichem Maße berührte auch das Vermächtnis seiner liebevollen Interaktionen, seiner Demut und seiner Reinheit die Herzen der Menschen dieser Welt. Er lebte das, was er lehrte, und konnte deshalb das Leben Hunderttausender wandeln. Sein reiner Charakter scheint durch seine Bücher wider. Deshalb ist es für uns auch heute noch möglich, ihm durch seine ermächtigten Worte zu begegnen. Śrīla Gurudevas Lehren gründen auf dem Śrīmad Bhāgavatam, welches als das Meisterwerk Śrī Vyāsadevas, des Verfassers der Vedischen Schriften, und als die reife Frucht am Baum des vedischen Wissens gilt. Das Śrīmad Bhāgavatam erläutert, dass wir spirituelle Wesen, Kinder des ewigen Glücks sind, aber dass wir, weil wir uns von der Absoluten Wahrheit abgewandt haben, in der zeitweilige Realität der materiellen Existenz leiden. Durch das Befolgen des reinen bhakti-yoga-Pfades jedoch, das heißt der Praxis der reinen Hingabe zu Gott, können wir unsere wahre Natur entfalten und für immer glücklich werden.
Jeder Mensch besitzt Vertrauen, und Vertrauen und Gebet sind auch die Grundlage des bhakti-yoga. Selbst Atheisten besitzen Vertrauen in irgendetwas, seien es nun die Wissenschaftler, ihre eigene Meinung oder etwas anderes. Jeder untersteht einer höheren Macht. Für diejenigen, die sich niemandem unterordnen wollen, wartet die Macht der Zeit in ihrer Form als allesverschlingender Tod. Die Menschen beten zum Objekt ihres Vertrauens für Dinge, welche sie nicht aus eigener Kraft erreichen können. Ein Baby zum Beispiel kann nicht selbst für sich sorgen, aber es hat Vertrauen in seine Mutter und betet zu ihr, indem es laut weint. Wir sind mit Gebet auf die Welt gekommen. Als Säugling beten wir in Schmerzen und weinen zur Welt um Freude und Liebe; um jene Schätze, nach denen wir uns von der Wiege bis zum Grab sehnen. Als Kleinkind beten wir mit ausgestreckten Armen um die Erfüllung unserer Bedürfnisse. Auf der Suche nach Glück erforschen wir die Welt und erlernen eine Sprache, um unseren Wünschen Ausdruck zu verleihen. Als Kind werden wir in die Schule geschickt, wo wir lernen, auf unseren eigenen Beinen zu stehen. Das Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten wächst und so vergessen wir, zu beten. Im Laufe der Zeit jedoch erleiden wir Niederlagen und mit dem Alter schwinden unsere Kräfte. Dann wandelt sich unser Selbstvertrauen in Angst. Diejenigen, die wir lieben, verlassen uns, und zuletzt wartet der Tod, der uns mit ins Unbekannte nimmt.
Aus Mitleid sendet das göttliche Paar Rādhā-Kṛṣṇa viele Lehrer in diese Welt, um die Seelen aus dem Bann der falschen Identifikation mit dem Körper und dem Geist zu befreien. So wie Eltern ihre Kinder je nach Alter und Qualifikation in eine angemessene Schule geben, so schicken auch Rādhā-Kṛṣṇa die Menschen zu verschiedenen Lehrern und Religionen, die ihnen helfen, auf dem Pfad der Selbstverwirklichung fortzuschreiten. Als vollkommener Lehrer der höchsten Schule lehrte Śrīla Gurudeva, wie wir aus dem unbarmherzigen Rad des Karmas ausbrechen können, indem er uns beibrachte, wie, was und zu wem wir beten sollen. Er gab uns Vertrauen nicht dadurch, dass er endlos darüber argumentierte, ob Gott existiert oder nicht. Nein ‒ weil er eine persönliche Beziehung zu Gott besaß, erklärte er uns genau, wer Gott ist, wo Er lebt, was Er tut und wie wir uns auf ewig mit Ihm in Liebe verbinden können. Andere mögen behaupten, dass man Gott nicht erkennen kann ist, aber sie sprechen nur deshalb so, weil sie keine Beziehung zu Ihm besitzen und Gott ihnen deshalb fremd bleibt.
Im Winter 2002 verbrachte Śrīla Gurudeva einen Monat in Cebu auf den Philippinen und schrieb an seinen Büchern. Eines Abends, während er auf der Veranda chantete und auf den Ozean schaute, besuchte ihn eine ältere Dame. Sie wurden einander vorgestellt und sprachen für einige Minuten miteinander. Zum Schluss sagte sie: „Ich bin gekommen, um die Segnungen eines Gurus zu erhalten.“
„Wissen Sie, was Guru bedeutet?“ fragte Gurudeva.
„Ein spiritueller Lehrer?“, antwortete sie schüchtern.
„Ja“, sagte Śrīla Gurudeva, „aber mehr als das. Ein echter Guru ist eine sehr kraftvolle Person, er ist kein gewöhnlicher Lehrer. Er ist so mächtig, dass er selbst Gott durch seine Liebe erobern kann. In der spirituellen Welt wird die Höchste Person, der allanziehende Kṛṣṇa, durch die Liebe der Einwohnern Vrajas beherrscht. Sie sehen Kṛṣṇa nicht als Gott an, sondern als ihren besten Freund, als ihr Kind oder als ihren Geliebten. Ein reiner Guru stammt aus jener ewigen Welt. Er lehrt die höchste Form der Liebe, durch die die Seele mit Gott vereint wird. Verstehen Sie?“
Sie faltete respektvoll ihre Hände und nickte. Śrīla Gurudeva faltete auch seine Hände und sagte: „Wissen Sie, was diese Geste bedeutet?“
„Es ist ein Symbol des Betens.“
„Ja“, sagte Śrīla Gurudeva. „Die Hände so zusammenzulegen, bedeutet, dass man Gott um etwas ersucht. Alle Religionen haben dies gemeinsam. Es symbolisiert auch unsere höchste Bestrebung.“
Śrīla Gurudeva öffnete seine Hände und erklärte: „Śrī Guru ist derjenige, der die Seele mit Gott zusammenbringt. Sehen Sie, die eine Hand repräsentiert die Seele und die andere Hand die Höchste Seele.“ Erneut führte er seine Hände zusammen: „Wir falten unsere Hände in Hingabe, um zu beten, uns mit Gott in einer liebevollen Beziehung zu verbinden. Das ist der Vorgang des bhakti-yogas.“ .
Quellen
Śrī Guru-Darśana wurde hauptsächlich aus Aufzeichnungen und Vorträgen eines vertrauten Dieners Śrīla Gurudevas zusammengestellt, der ihn das erste Mal 1968 traf und wünscht, anonym zu bleiben. Dieser ehrenwerte Vaiṣṇava hörte viele der Begebenheiten im Śrī Guru-Darśana unmittelbar von Śrīla Gurudeva oder seinen Gottbrüdern und war bei den meisten Ereignissen von 1975 bis 2010 direkt dabei. Auf Anweisung dieses Vaiṣṇavas schrieb der Editor über dessen persönlichen Austausch mit Śrīla Gurudeva in der dritten Person und fügte auch relevante Informationen aus anderen authentischen Quellen hinzu. Die Kapitel über Śrīla Gurudevas frühe Jahre in Tiwārīpura im ersten Band wurden durch Erzählungen Śrī Siddhanātha Tiwārīs ergänzt. Einzelheiten über den Navadvīpa-Parikramā im zweiten Band wurden mit Bezug auf Śrīla Bhaktivinoda Ṭhākuras Navadvīpa-Dhāma Mahatmya belegt.
Wichtige Details im dritten Teil des ersten Bandes und ersten Teil des zweiten Bandes sind Śrīla Gurudevas Biographie von Śrīla Bhaktiprajñāna Keśava Gosvāmī Mahārāja übernommen. Auszüge im ersten Teil des zweiten Bandes wurden aus der Hindi-Zeitschrift Śrī Bhāgavata-Patrikā übersetzt, und die bengalische Zeitschrift Śrī Gauḍīya-Patrikā diente als Referenz für den zweiten und dritten Band. In den dritten Teil des zweiten Bandes wurden Textstellen aus Śrīla Gurudevas Śrī Vraja-Maṇḍala-Parikramā-Buch miteingefügt.
Der zweite Teil des dritten Bandes ist mit Auszügen aus dem Video- und Audio-Archiv von Śrīla Gurudevas hari-kathā auf purebhakti.tv und mit niedergeschriebenen Vorlesungen des Harikathā-Teams vervollständigt. Informationen für den Anhang stammen von purebhakti.com. Weitere Bücher und Vorträge Śrīla Gurudevas und des Autors finden Sie auf bhaktabandhav.com.
Dieses Buch, Śrī Guru-Darśana, entstand dank der göttlichen Gnade und Inspiration Bhakta-Bāndhava Śrīla Gurudevas. Zahlreiche geschätzte Gottgeweihte trugen durch ihre Dienste beim Editieren, Prüflesen, der Lautumschrift, dem Layout und der Gestaltung zur Veröffentlichung bei. Wir beten zu Śrīla Gurudeva, der sich uns hier in Form dieses Buches offenbart, dass wir immerzu mit seinem darśana, seiner direkten Gemeinschaft, gesegnet sein mögen. Indem er nitya-līlā-praviṣṭa-om-viṣṇupada paramārādhyatama bhakta-bāndhava Śrī Śrīmad Bhaktivedānta Nārāyaṇa Gosvāmī Mahārāja unzählige Ehrerbietungen darbringt, betet dieser unbedeutende Diener darum, ewiglich in seinem Dienst beschäftigt sein zu dürfen.
ŚRĪ KṚṢṆA CAITANYA PRABHU NITYĀNANDA ŚRĪ ADVAITA GADĀDHARA ŚRĪVASĀDI GAURA-BHAKTA-VṚNDA
HARE KṚṢṆA HARE KṚṢṆA KṚṢṆA KṚṢṆA HARE HARE HARE RĀMA HARE RĀMA RĀMA RĀMA HARE HARE
Guru-Vaiṣṇava kṛpā-leṣa-prārthi, Rasik Mohan Dāsa Giridhārī Dāsa Kṛṣṇa-Karunyā Dāsa und all die anderen…